Verkehrsrecht | 22.08.2014

Unfall im Kreisverkehr: Anscheinsbeweis gegen den Einfahrenden!

Kommt es zu einem Unfall im Kreisverkehr, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Einfahrende als Wartepflichtiger den Unfall durch eine Verletzung der Vorfahrt des im Kreisverkehr befindlichen Verkehrs verursacht hat.

Dies hat das LG Saarbrücken, Urteil vom 28.03.2014 – Az. 13 S 196/13 entschieden.

Unfall im Kreisverkehr - In dem zu entscheidenden Fall machte der Kläger Schadensersatz aus einem Unfall im Kreisverkehr geltend.

Der Kläger befuhr den Kreisverkehr und passierte die Einmündung einer in den Kreisverkehr führenden Straße.

Der Beklagte schleppte ein  Fahrzeug mit einem ca. 5 m langen Abschleppseil ab und fuhr von der in den Kreisverkehr einmündenden Straße her kommend in diesen ein.

Noch bevor sich das abgeschleppte Fahrzeug vollständig im Kreisverkehr befand, kollidierte die vordere linke Ecke des klägerischen Fahrzeugs mit der hinteren linken Ecke des Beklagtenfahrzeugs.

Nicht aufklärbar und streitig zwischen den Parteien war, wer zuerst in den Kreisverkehr eingefahren war.

Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises zum Ersatz des dem Kläger entstandenen Schadens, denn es sei von einer Vorfahrtsverletzung des Beklagten auszugehen.

Zu Recht?

Ja – das LG Saarbrücken weist die Berufung des Beklagten zurück.

1.

Im vorliegenden Fall richte sich die Vorfahrt des Klägers nach § 8 Abs. 1a StVO, weil sich der Unfall im Kreisverkehr ereignet habe, der – im vorliegenden Fall – als eben solcher und mit einem „Vorfahrt gewähren“ – Zeichen beschildert war.

Danach habe der Verkehr auf der Kreisbahn Vorfahrt gehabt.

Zu Recht habe das Amtsgericht die Grundsätze des Anscheinsbeweises für anwendbar erachtet und angenommen, dass der Beklagte den Unfall im Kreisverkehr  durch einen Vorfahrtsverstoß verursacht habe.

2.

Komme es im Bereich einer vorfahrtsgeregelten Einmündung zu einer Kollision zwischen dem Wartepflichtigen und dem vorfahrtsberechtigen Verkehr, so spreche der Beweis des ersten Anscheins regelmäßig dafür, dass der Wartepflichtige den Unfall durch eine schuldhafte Vorfahrtsverletzung verursacht habe.

Dies gelte zumindest dann, wenn sich – wie hier – der Unfall im Kreuzungs- oder Einmündungsbereich ereigne.

Dies gelte nach der Rechtsprechung der Kammer auch für eine Vorfahrtsverletzung im Kreisverkehr, denn die Anforderungen des § 8 Abs. 1 a StVO würden sich qualitativ nicht von jenen der allgemeinen Vorfahrtsregel des § 8 Abs. 1 StVO unterscheiden.

3.

Entgegen anders lautender Rechtsprechung gelte der Anscheinsbeweis gegen denjenigen, in dessen Einmündungsbereich sich der Unfall ereignet habe, auch dann, wenn – wie hier – offen oder streitig sei, welcher Unfallbeteiligte zuerst in den Kreisverkehr eingefahren sei.

Denn es bestehe ein Erfahrungssatz der allgemeinen Lebenserfahrung dahingehend, dass er gegenüber dem Unfallgegner wartepflichtig gewesen ist.

Dieser Grundsatz finde seinen Grund darin, dass sich der Unfall im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Einfahrt des einbiegenden – bzw. einfahrenden – Verkehrsteilnehmers ereignet habe, wohingegen der andere, um die Kollisionsstelle zu erreichen, zusätzlich eine gewisse Strecke zurückgelegt und den Kreisverkehr schon während einer gewissen Dauer durchfahren haben muss.

Fazit:

Das LG Saarbrücken vertritt selbstbewusst und mit schlüssiger Begründung seine bisherige Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis beim Unfall im Kreisverkehr bzw. dessen Einmündungsbereich.

Mögliche Kritik scheut die 13. Zivilkammer dabei ebenfalls nicht, sondern lässt in ihrem Urteil die Revision hinsichtlich der Frage zu, ob und unter welchen Voraussetzungen der Beweis des ersten Anscheins für einen Verkehrsverstoß des in einen Kreisverkehr Einfahrenden spricht, wenn es im Einmündungsbereich zu einer Kollision kommt.

Es bleibt abzuwarten, ob die Revision eingelegt wird und wie der für das zivile Verkehrsrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs diese Frage beantwortet.

Ihre Nachricht

Ihre Nachricht wurde gesendet. Vielen Dank!

Sie erreichen und auch telefonisch unter +49 721 / 943114-0.

Bitte beachten Sie folgendes: Durch die Zusendung einer E-Mail kommt noch kein Mandatsverhältnis zustande. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir ohne vorherige Vereinbarung keine Rechtsberatung per E-Mail erteilen können und keine fristgebundenen und Frist wahrenden Erklärungen entgegennehmen. Die Datenübertragung per Internet ist risikobehaftet. Dies sollten Sie insbesondere bei der Übersendung vertraulicher Informationen bedenken. Sollten wir eine E-Mail erhalten, gehen wir davon aus, dass wir zu deren Beantwortung per E-Mail berechtigt sind.