Arbeitsrecht | 16.08.2018

Betriebliche Übung vermeiden – so geht es!

Vor einigen Tagen haben wir an dieser Stelle erläutert, was es mit der so genannten betrieblichen Übung auf sich hat. Heute informieren wir Sie darüber, wie Sie eine betriebliche Übung vermeiden.

Betriebliche Übung vermeiden

Eigentlich ist es nicht schwierig für den Arbeitgeber, eine unerwünschte betriebliche Übung zu vermeiden. Eine betriebliche Übung kann nur dann entstehen, wenn der Arbeitnehmer aus dem Verhalten seines Arbeitgebers auf einen Rechtsbindungswillen schließen darf. Also muss sich der Arbeitgeber so verhalten, dass der Arbeitnehmer diesen Schluss nicht ziehen darf. Und das macht der Arbeitgeber am einfachsten, indem er den Arbeitnehmer ausdrücklich darauf hinweist, dass er sich nicht für die Zukunft binden möchte. Das führt mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, eine betriebliche Übung zu vermeiden.

Keine gute Idee: Ausschluss im Arbeitsvertrag

Einen entsprechenden Vorbehalt enthalten viele schriftliche Arbeitsverträge, um eine betriebliche Übung zu vermeiden. Üblich sind Klauseln wie:

Sonstige, in diesem Vertrag nicht vereinbarte Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer sind freiwillig und jederzeit widerruflich. Auch wenn der Arbeitgeber sie mehrmals und regelmäßig erbringen sollte, erwirbt der Arbeitnehmer dadurch keinenRechtsanspruch für die Zukunft. 

oder

Die Zahlung der betrieblichen Sondervergütungen (Weihnachtsgratifikation, Urlaubsgeld, Vermögenswirksame Leistungen) erfolgt in jedem Einzelfall freiwillig und ohne Begründung eines Rechtsanspruchs für die Zukunft.

AGB-Recht macht solche Klauseln unwirksam

Solche Klauseln unterliegen dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB). Und beiden Formulierungen ist eines gemeinsam: Das Bundesarbeitsgericht hält sie für unwirksam.

Im ersten Fall (Urteil vom 14. September 2011 – 10 AZR 526/10) sprechen gleich zwei Gründe für die Unwirksamkeit der Formulierung:

Einerseits ist sie wegen der Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt intransparent und verstößt gegen § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB. Der Arbeitnehmer kann nicht verstehen, weshalb eine freiwillige Leistung widerrufen werden kann, schließlich ist sie doch gerade freiwillig. Andererseits benachteiligt ein so weit gefasster Freiwilligkeitsvorbehalt den Arbeitnehmer unangemessen im Sinne von § 307 Absatz 2 Nummer 1 und Nummer 2 BGB. Grund hierfür ist, dass von der Formulierung alle Ansprüche umfasst sind, die nicht in dem Arbeitsvertrag genannt sind. Die Klausel betrifft also auch Ansprüche, die die Parteien des Arbeitsvertrags individuell vereinbaren. Das wiederum verstößt gegen den gesetzlich geregelten Vorrang der Individualabrede (§ 305 b BGB). So kann der Arbeitgeber also keine betriebliche Übung vermeiden.

Auch die zweite Formulierung war Gegenstand einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 20. Februar 2013 – 10 AZR 177/12). Auch sie ist unwirksam, weil sie gegen das Transparenzgebot des § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB verstößt. Etwas weiter vorne im Arbeitsvertrag stand nämlich, dass „zur Zeit“ ein Weihnachtsgeld in einer bestimmten Höhe gewährt wird. Damit entstand für den Arbeitnehmer ein Rechtsanspruch auf das Weihnachtsgeld. Das wiederum steht im Widerspruch zu der fraglichen Formulierung, nach der kein Rechtsanspruch für die Zukunft bestehe.

Betriebliche Übung vermeiden heißt, den Vorbehalt in jedem Einzelfall erklären

Das sind nur zwei einer Vielzahl von vertraglichen Formulierungen, die nicht eine betriebliche Übung vermeiden konnten. Ob es überhaupt möglich ist, das Entstehen einer betrieblichen Übung schon im Arbeitsvertrag auszuschließen, muss bezweifelt werden. Daher muss der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Zuwendung der freiwilligen Leistung seinen Vorbehalt eindeutig formulieren, will er eine betriebliche Übung vermeiden. Dies tut er am einfachsten, indem er Formulierungen wie „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ oder „kein Rechtsanspruch für die Zukunft“ verwendet. Auf welchem Weg der Arbeitgeber dies kommuniziert ist weniger wichtig, entscheidend ist allerdings, dass der Arbeitgeber dies im Streitfall nachweisen kann.

ps. In unserem Blog am 5. September 2018 erläutern wir, ob und wie der Arbeitgeber eine betriebliche Übung beenden kann.

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