Arbeitsrecht | 27.12.2021
Urlaub bei Kurzarbeit Null: BAG rechnet arbeitgeberfreundlich
Das Urlaubsrecht ist seit Jahren Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung. Diverse Landesarbeitsgericht, vor allem aber das Bundesarbeitsgericht und der Gerichtshof der Europäischen Union haben regelmäßig mit ihm zu tun. Durch die massenhafte Einführung der Kurzarbeit in den vergangenen zwei Jahren stellen sich nun jede Menge neue und alte Fragen zum Thema Urlaub und Kurzarbeit Null. Eine dieser Fragen hat das Bundesarbeitsgericht Ende des vergangenen Monats beantwortet. Dabei sind Arbeitgeber besser weggekommen als Arbeitnehmer.
Weniger Urlaub bei Kurzarbeit Null?
Vereinbart der Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber Kurzarbeit Null, ist er zur Erbringung seiner Arbeitsleistung nicht verpflichtet. Trotzdem bekommt der Arbeitnehmer Geld. Stockt der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld noch auf, ist das für den Arbeitnehmer ja quasi wie Urlaub, könnte der Arbeitgeber denken. Von was muss der Arbeitnehmer sich denn erholen, wenn er ohnehin nicht arbeitet? So mancher Arbeitgeber ist deshalb auf den Gedanken gekommen, den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers bei Kurzarbeit anteilig kürzen. So machte es auch eine Bäckereikette in Essen mit einer teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin: Statt der vereinbarten 14 Urlaubstage bei einer (Drei-Tage-Woche) sollte sie im Jahr 2020 lediglich 11,5 Urlaubstage erhalten. Vor dem Arbeitsgericht Essen und dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf war die klagende Arbeitnehmerin allerdings unterlegen.
BAG: Kein Urlaub bei Kurzarbeit Null
So jedenfalls muss man die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zu diesem Fall verstehen. Die vollständige Urteilsbegründung liegt noch nicht vor, aber die zentrale Aussage des BAG steckt in den beiden folgenden Sätzen:
Der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage rechtfertigte eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage sind weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen.
BAG, Pressemitteilung vom 30. November 2021 - 9 AZR 225/21
Das ist eine recht klare Position. Die Formulierung "rechtfertigt" deutet jedoch darauf hin, dass das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung einen umfassenden Abwägungsprozess vorgenommen hat. Am Ende hat es dann die Interessen des Arbeitgebers schwerer gewichtet als jene der Arbeitnehmerin.
Betont werden muss allerdings, dass dieses Urteil ausdrücklich für die Kurzarbeit Null, also den vollständigen Entfall der Arbeitspflicht an einem Tag gesprochen wurde. Was ist, wenn auf Grund von Kurzarbeit an einzelnen Tagen weniger gearbeitet wird? Das Urteil dürfte wohl nicht so leicht auf diese Situation zu übertragen sein. Denn das BUrlG kennt - anders als die Praxis in vielen Betrieben - keine Bruchteile von Urlaubstagen. Ob den Urteilsgründen zu dieser Frage Hinweise zu entnehmen sind, bleibt abzuwarten.