Arbeitsrecht | 21.02.2021

Zur Unterschrift genötigt? Dann Aufhebungsvertrag anfechten!

Der Wilde Westen fängt gleich nördlich von Bielefeld an. Das jedenfalls muss man annehmen, wenn man sich den Sachverhalt eines ganz aktuellen Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm durchliest. In einem Verfahren, das zuvor bei dem Arbeitsgericht Herford anhängig war, konnte ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag anfechten, zu dem man ihn gezwungen hatte.

Was hatte sich zugetragen?

Der Personalleiter eines Unternehmens hatte sich über einen Teamleiter wegen eines Verhaltens geärgert, das sicher nicht für eine Kündigung ausgereicht hätte. Der Chef zitierte diesen Teamleiter im Mai 2019 in sein Büro, der technische Leiter des Unternehmens war ebenfalls anwesend. Dem Teamleiter wurde sein vermeintliches Fehlverhalten vorgehalten. Der Personalleiter teilte ihm mit, er sei als Führungskraft nicht mehr haltbar. Das Arbeitsverhältnis müsse aufgelöst werden. Dazu stünden zwei Wege zur Verfügung. Die Kündigung des Arbeitsvertrags einerseits und der Abschluss eines Aufhebungsvertrags andererseits. Im Aufhebungsvertrag könne man immerhin eine bezahlte Freistellung bis 31. Dezember 2019 vereinbaren. Der Kläger willigte in den Abschluss des Aufhebungsvertrages ein, den der Personalleiter sodann während einer Gesprächsunterbrechung anfertigte. Einige Tage später hat der Arbeitnehmer dann den Aufhebungsvertrag angefochten.

Das Büro des Personalleiters war eine Falle

Das jedenfalls behauptete der Teamleiter dann später in seiner Klage, die auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses gerichtet war. Er behauptet, man habe ihm gesagt, er könne den Raum erst verlassen, wenn er unterschrieben habe. Der Teamleiter habe da nur an seine Tochter gedacht habe und daran, dass der Arbeitsvertrag dann wenigstens noch bis Ende des Jahres laufe. Es wundert kaum, dass der Personalleiter eine ganz andere Erinnerung an das Gespräch hatte. Aus seiner Sicht könne der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht anfechten, denn er sei keineswegs bedroht worden.

Den Aufhebungsvertrag anfechten, dafür braucht es einen Anfechtungsgrund

Einen Vertrag kann man anfechten, wenn man einen Grund dafür hat, den das Gesetz anerkennt. Viele solche Gründe gibt es nicht, die Drohung ist nach § 123 Absatz 1 Alternative 2 BGB einer davon. Allerdings muss der anfechtende Arbeitnehmer diesen Grund auch im Prozess beweisen. Das Arbeitsgericht Herford hat zu den Geschehnissen im Büro des Personalleiters den Arbeitnehmer und den technischen Leiter vernommen. Und am Ende kam es zu der Überzeugung, dass dem Kläger damit gedroht worden sei, er könne den Raum erst verlassen, wenn er etwas unterschreiben würde. Und das reicht dann für den Arbeitnehmer, der den Aufhebungsvertrag anfechten will. Denn

eine solche "Festsetzung" des Klägers rechtfertigt die Anfechtung des Aufhebungsvertrags nach § 123 BGB.

Arbeitsgericht Herford - Urteil vom 20. November 2019 - 2 Ca 492/19

LAG Hamm: Keine Drohung mit "Gefangennahme" des Arbeitnehmers

In der Berufung konnten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber dann immerhin darauf einigen, dass niemand den Arbeitnehmer festsetzen wollte. Doch darauf kam es den Landesrichtern nicht an. Denn auch die unstreitige Drohung mit der Kündigung rechtfertige es, den Aufhebungsvertrag anzufechten. An dieser Stelle hat das LAG dann die altbekannten Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zu diesem Thema zitiert:

[Die widerrechtliche Drohung] ist ... gegeben, wenn der Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände ... davon ausgehen musste, die angedrohte Kündigung werde - müsste sie ausgesprochen werden - einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten. Denn ein verständiger Arbeitgeber würde in einer solchen Situation eine Kündigung als ein inadäquates Mittel nicht in Erwägung ziehen.

LAG Hamm, Urteil vom 23. November 2020 - 1 Sa 1878/19

Anfechtung des Aufhebungsvertrags blieb erfolgreich!

Auch wenn in Herford niemand eingesperrt wurde und auch niemand eingesperrt werden sollte, die Anfechtung blieb erfolgreich. Denn auch bei dem Landesarbeitsgericht, war man der Auffassung, dass ein verständiger Arbeitgeber wegen des vermeintlichen Fehlverhaltens des Arbeitnehmers keine Kündigung erwogen hätte. Und dann darf der Arbeitgeber eben auch nicht mit einer Kündigung drohen. So einfach ist das!

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