Mietrecht | 05.02.2014

Berufsausübung in der Wohnung: Ist eine private Kita zulässig?

Die Berufsausübung durch den Mieter in einer zu Wohnzwecken überlassenen Wohnung ist grundsätzlich unzulässig. Nur dann, wenn von der beabsichtigten beruflichen Tätigkeit keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder auf die Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung, kann die Berufsausübung ausnahmsweise zulässig sein. Dies ist bei dem Betrieb einer privaten Kita nicht der Fall.

Dies hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 24.10.2013, Az. 67 S 208/13 entschieden.

In dem zu entscheidenden Fall hatte die klagende Mieterin von der beklagten Vermieterin zu Wohnzwecken eine Wohnung angemietet. Im Mietvertrag war geregelt, dass die Mieträume nicht zu anderen als Wohnzwecken benutzt werden dürfen, es sei denn, es läge eine vorherige schriftliche Zustimmung des Vermieters vor. Die Mieterin wollte die Wohnung teilweise zur Berufsausübung nutzen, nämlich zum Betrieb einer privaten Kita, d.h. zur täglichen Betreuung von bis zu fünf Kindern zwischen 08.00 und 16.00 Uhr.

Die Vermieterin war mit dieser Berufsausübung nicht einverstanden, weshalb die Mieterin Klage auf Zustimmung erhob.

Zu Recht?

Nein – das LG Berlin weist die Klage der Mieterin ab.

Der klagweise geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zur Berufsausübung in Form einer privaten Kita stehe der Mieterin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere sei die Vermieterin auch nicht unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben zur Zustimmung verpflichtet.

1.

Nach § 1 Ziffer 1 des  Mietvertrages seien die von der Klägerin innegehaltenen Räume ausdrücklich zur Benutzung als Wohnung durch die Beklagte vermietet worden. Gemäß § 9 Ziffer 1 des Mietvertrages dürften die Mieträume nicht zu anderen als Wohnzwecken benutzt werden, es sei denn, es läge eine vorherige schriftliche Zustimmung der Vermieterin vor.

2.
Aus der Zweckbestimmung von Räumen als Wohnung folge, dass diese zum Wohnen bestimmt seien, also in erster Linie zur Nutzung als Lebensmittelpunkt. Eine Berufsausübung in der Wohnung durch den Mieter, also geschäftliche Aktivitäten freiberuflicher oder gewerblicher Art, die nach außen in Erscheinung treten, habe der Vermieter in Wohnräumen grundsätzlich nicht zu dulden.

Die Nutzung einer Wohnung zum Betrieb einer entgeltlichen Tagespflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder stelle eine solche teilgewerbliche Nutzung einer Wohnung dar.

Zwar gehöre nach der Rechtsprechung, insbesondere auch des Bundesgerichtshofs, zum Wohnen auch die Möglichkeit, in der Familie neben den eigenen Kindern fremde Kinder zu betreuen, etwa bei regelmäßigen Besuchen von Freunden der Kinder oder im Wege der Nachbarschaftshilfe. Hiervon zu unterscheiden sei jedoch die Nutzung der Wohnung zur täglichen Erbringung von Betreuungsdienstleistungen gegenüber Dritten in Form einer Pflegestelle für bis zu fünf Kleinkinder, bei der der Erwerbscharakter im Vordergrund stehe.

Eine derartige Berufsausübung in der Wohnung werde vom Wohnzweck nicht mehr getragen.

3.

Zwar könne der Vermieter im Einzelfall nach Treu und Glauben verpflichtet sein, eine Erlaubnis zur teilweisen gewerblichen oder (frei-) beruflichen Nutzung von Wohnräumen zu erteilen. Eine solche Verpflichtung des Vermieters, eine nach den Bestimmungen des Mietvertrags vertragswidrige Berufsausübung zu gestatten, komme jedoch nur dann in Betracht, wenn von der beabsichtigten Berufsausübung keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder auf Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung.

Dies sei bei der Nutzung einer Wohnung für die Betreuung von bis zu fünf Kleinkindern werktags von 8 bis 16 Uhr jedoch nicht der Fall.

a.

Zunächst komme es durch das Bringen und Abholen der Kinder durch ihre Eltern morgens und nachmittags zu erheblichem Besucherverkehr im Treppenhaus, verbunden mit stärkerer Verschmutzung und mit Lärm. Diese Beeinträchtigungen gingen auch mit einer stärkeren Beeinträchtigung der Mitmieter und der Mietsache selbst einher als im Falle des Besuchs von Freunden der in der Wohnung lebenden Kinder. Denn diese würden im Normalfall nicht regelmäßig, schon gar nicht täglich, von bis zu 5 Kleinkindern und ihren Eltern aufgesucht.

Ferner seien Beeinträchtigungen durch das Abstellen von Kinderwagen und -fahrzeugen im Treppenhaus während der Betreuungszeit zu erwarten.

Nach außen trete die teilgewerbliche Tätigkeit der Klägerin schließlich auch dann, wenn sie gemeinsam mit den fünf Kindern das Treppenhaus passiere, um nach draußen zum Spielplatz und zurück in die Wohnung zu gelangen.

b.
Ferner sei davon auszugehen, dass von der ständigen Betreuung von bis zu 5 Kleinkindern in einer Wohnung erheblich mehr Lärm ausgehe als dies normalerweise in einer Wohnung der Fall sei. Auch deshalb trete die die Berufsausübung der Klägerin nach außen in Erscheinung trete und sei für die Mitmieter im Haus nachteilig.

Fazit:

Die richtige Entscheidung des Landgerichts Berlin beachtet die vom Bundesgerichtshof zur Frage der Zulässigkeit der Berufsausübung in einer Wohnung aufgestellten Grundsätze.

Man kann sich zum Thema „Berufsausübung in der Wohnung“ grundsätzlich folgendes merken:

1.

Sind Räume zu Wohnzwecken vermietet, dann steht diese Zweckbestimmung einer Berufsausübung in der Wohnung grundsätzlich entgegen.

2.

Nur ausnahmsweise kann die Berufsausübung in der Wohnung zulässig sein und zwar unter folgenden Voraussetzungen.

a.

Es liegt ein Einverständnis des Vermieters vor.

b.

Es handelt sich um eine Berufsausübung, die nach der Verkehrsanschauung von (noch) unter den Begriff des „Wohnens“ fällt.

Dies sind berufliche Tätigkeiten des Mieters, die er – etwa im häuslichen Arbeitszimmer – ausübt, ohne dass sie nach außen in Erscheinung treten. Hierzu gehören z. B.  die Unterrichtsvorbereitung eines Lehrers, die Telearbeit eines Angestellten, die schriftstellerische Tätigkeit eines Autors oder der Empfang oder die Bewirtung eines Geschäftsfreundes des Mieters in der Wohnung.

c.

Bei geschäftlichen Aktivitäten freiberuflicher oder gewerblicher Art, die nach außen in Erscheinung treten, liegt eine Nutzung vor, die der Vermieter einer Wohnung ohne entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht dulden muss.

Nur im Einzelfall kann er nach Treu und Glauben verpflichtet sein, eine Erlaubnis zur teilgewerblichen Nutzung zu erteilen.

Sie wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn es sich nur um eine Tätigkeit ohne Mitarbeiter und ohne ins Gewicht fallenden Kundenverkehr handelt. Auch eine selbstständige berufliche Tätigkeit kann im Einzelfall so organisiert sein oder einen so geringen Umfang haben, dass sie – wie beispielsweise bei einem Rechtsanwalt oder Makler – im Wesentlichen am Schreibtisch erledigt wird, in der Wohnung keine Mitarbeiter beschäftigt werden und von etwaigem Publikumsverkehr keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung.

Dies kann etwa auch in der Existenzgründungsphase einer selbstständigen Tätigkeit der Fall sein.

Die Voraussetzungen dieser Ausnahme hat der Mieter darzulegen und zu beweisen.

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