Mietrecht | 12.09.2012

Nichtzahlung erhöhter Betriebskostenvorauszahlungen: Kündigung wegen Zahlungsverzugs!

Erhöhte Betriebskostenvorauszahlungen: Kündigung bei Nichtzahlung!

Der Fall:

Die klagende Vermieterin erhöhte anlässlich einer Betriebskostenabrechnung gemäß § 560 BGB die von der beklagten Mieterin geschuldeten Betriebskostenvorauszahlungen. Letztere passte aber ihre Betriebskostenvorauszahlungen nicht an, weshalb erstere das Mietverhältnis fristlos beendete, nachdem ein ausreichender Rückstand i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB hierwegen aufgelaufen war.

Zu Recht?

Das Problem:

Das BGB enthält mit § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB eine den Mieter schützende Regelung im Zusammenhang mit Mieterhöhungen.

Ist der Mieter rechtskräftig zur Zahlung einer erhöhten Miete nach den §§ 558 – 560 BGB verurteilt worden, so kann der Vermieter nach dieser Vorschrift das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs des Mieters nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung kündigen, wenn nicht die Voraussetzungen der außerordentlichen fristlosen Kündigung schon wegen der bisher geschuldeten Miete erfüllt sind. Letzteres war hier nicht der Fall.

Die Reichweite und der Regelungsgehalt dieser Vorschrift sind streitig.

Nach der bislang wohl überwiegend in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht besagt die Vorschrift, dass der Vermieter wegen der erhöhungsbedingten Rückstände erst dann kündigen kann, wenn der Mieter rechtskräftig zur Zahlung der erhöhten Betriebskosten oder Betriebskostenvorauszahlungen verurteilt worden ist. Der Vermieter wäre somit gezwungen, vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung Zahlungsklage zu erheben, und könnte erst nach Ablauf der Kündigungssperrfrist die Kündigung wegen Zahlungsverzugs aussprechen.

Die Gegenansicht orientiert sich streng am Wortlaut der Vorschrift und sieht die rechtskräftige Verurteilung des Mieters nur als Voraussetzung für die Sperrfrist an und nicht als Voraussetzung für die Kündigung wegen Zahlungsverzugs. § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB besagt nach dieser Meinung lediglich, dass dem Mieter, gegen den der Vermieter wegen nicht entrichteter Erhöhungsbeträge nach den §§ 559 – 560 BGB  Klage erhoben hat, nach rechtskräftiger Verurteilung eine Kündigungssperrfrist von zwei Monaten zusteht. Die Vorschrift sei bei Kündigungen ohne vorangegangene Zahlungsklage daher gar nicht einschlägig.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof (BGH) folgt der zuletzt genannten Auffassung und bestätigt die Entscheidung beider Vorinstanzen mit Urteil vom 18.07.2012, Az. VIII ZR 1/11.

Neben dem engen und eindeutigen Wortlaut spreche auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift für die zuletzt genannte Auffassung. Vor der Mierechtsreform im Jahr 2001 hätte es nur eine entsprechende Regelung  für das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters gegeben. Diese sollte sicherstellen, dass nicht wegen der während des Klageverfahrens eventuell aufgelaufenen Erhöhungsbeträge alsbald nach der Rechtskraft des Urteils eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs erfolgen könne. Einen Kündigungsschutz des Mieters habe man dabei nur für die während des Klageverfahrens aufgelaufenen Erhöhungsbeträge regeln müssen. Denn in der Zeit davor sei der Mieter durch andere gesetzliche Bestimmungen ausreichend geschützt. Stimme er einer Erhöhung nicht zu und erhebe der Vermieter nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten Klage auf Zustimmung, gelte das Erhöhungsverlangen als nicht gestellt. Klage der Vermieter und werde der Mieter zur Zustimmung verurteilt, schulde der Mieter zwar die erhöhte Miete für die Zeit ab dem dritten auf das Erhöhungsverlangen des Vermieters folgenden Kalendermonat. Diese Schuld werde aber erst mit Rechtskraft des Zustimmungsurteils fällig; der Mieter könne also davor nicht in Zahlungsverzug geraten, so dass der Vermieter ihm auch nicht kündigen könne. Die Interessen des Mieters geböten es nicht, den Schutzbereich des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB dahingehend auszuweiten, dass der Vermieter vor Erhebung einer Zahlungsklage nicht kündigen könne. Dem stehe schon der Ausnahmecharakter dieser Vorschrift im Gesamtzusammenhang der Kündigungsbestimmungen entgegen, der für eine restriktive Handhabung spreche. Im Übrigen sei der Mieter dadurch geschützt, dass im Rahmen des Kündigungsprozesses geprüft werden müsse, ob der Vermieter gemäß § 560 Abs. 4 BGB bei den Vorauszahlungen eine Anpassung auf die verlangte Höhe habe vornehmen dürfen

Die Empfehlung:

Erneut eine die Rechte der Vermieterseite stärkende Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Wiederholt wird damit durch den Bundesgerichtshof einer grundlos zu mieterfreundlichen Rechtsprechung der Instanzgerichte und entsprechenden Tendenzen in der mietrechtlichen Literatur eine klare Absage erteilt. Dabei hat der BGH alle sachlichen Argumente auf seiner Seite. Es kann sich also lohnen, gegen vermeintlich gefestigte Rechtsauffassungen zu argumentieren.

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