Mietrecht | 17.12.2014

Vorzeitige Wohnungsrückgabe: Zulässig oder nicht?

Die vorzeitige Wohnungsrückgabe durch den Mieter ist grundsätzlich zulässig. Verweigert der Vermieter die vorzeitige Rücknahme der Wohnung gleichwohl, dann gerät er in Annahmeverzug.

 

Dies hat das LG Bonn, Urteil vom 05.06.2014, Az. 6 S 173/13 entschieden.

Vorzeitige Wohnungsrückgabe - Der Fall:

In dem zu entscheidenden Fall kündigten die beklagten Mieter das Mietverhältnis per Schreiben vom 17.11.2011 fristgerecht zum 28.02.2012 und boten dem klagenden Vermieter die vorzeitige Wohnungsrückgabe am 29.11.2011 an, die dieser ablehnte.

Mit seiner Klage beanspruchte der Vermieter von den Mietern für die Monate März – Mai 2012 Nutzungsentschädigung i. S. v. § 546 a BGB und zwar mit dem Argument, ihm seien die Wohnungsschlüssel nicht zurückgegeben worden.

Zu Recht?

Nein – das LG Bonn weist die Klage ab.

Für den Zeitraum März – Mai 2012 bestehe kein Anspruch des Vermieters gegen die Beklagten auf Zahlung von Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a BGB.

Denn das Angebot der Mieter, am 29.11.2011 eine vorzeitige Wohnungsrückgabe durchzuführen, habe den Vermieter in Annahmeverzug hinsichtlich des Anspruchs auf Räumung und Herausgabe der Wohnung – § 546 BGB – gesetzt.

1.

Bei Annahmeverzug des Vermieters hinsichtlich des Anspruchs aus § 546 BGB bestünden für den Zeitraum des Annahmeverzugs keine Rechte aus § 546 a BGB, da der Anspruch aus § 546 a BGB gerade eine Entschädigung für die Vorenthaltung der Mietsache regle, deren Entgegennahme der Vermieter im Falle des Annahmeverzugs vereitelt habe.

a.

Dem Eintritt des Annahmeverzugs stehe nicht entgegen, dass die Mieter dem Vermieter die Schlüssel des Mietobjekts und damit die Rückgabe der Mietsache deutlich vor Mietvertragsende am 29.11.2011, also eine vorzeitige Wohnungsrückgabe angeboten hätten.

Der Mieter sei gemäß § 271 Abs. 2 BGB grundsätzlich zur vorzeitigen Wohnungsrückgabe berechtigt.

b.

Der Mieter dürfe bereits vor Fälligkeit des Anspruchs aus § 546 BGB erfüllen und könne so den Vermieter durch ein Angebot der Schlüsselübergabe in Annahmeverzug setzen, soweit der Vermieter die vorzeitige Wohnungsrückgabe ablehne.

Der Mieter habe also i.d.R. ein Recht zur vorzeitigen Wohnungsrückgabe der Mietsache, es sei denn, durch eine vorzeitige Leistung würde in die Rechte oder rechtlich geschützten Interessen des Vermieters eingegriffen.

Dies folge auch daraus, dass der Mieter, der grundsätzlich zum Gebrauch der Mietsache nicht verpflichtet sei, deren Übernahme bei Vertragsbeginn ablehnen könne, ohne in Schuldnerverzug zu geraten.

Aus den Vereinbarungen der Parteien oder den berechtigten Interessen des Vermieters könne sich zwar etwas anderes ergeben, aber hierfür bestünden vorliegend keine Anhaltspunkte.

Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass der Vermieter ein besonderes – für die Beklagten auch erkennbares – Interesse hinsichtlich der Wahrnehmung der Obhutspflicht durch die Mieter bis zum Vertragsende gehabt hätte.

2.
Soweit der Vermieter gegen obige rechtliche Würdigung unter Hinweis unter Hinweis auf anders lautende, obergerichtliche Rechtsprechung gegen die Auffassung der Kammer argumentiert habe, rechtfertige dies keine abweichende Beurteilung.

Die Kammer sei der Auffassung, dass der Anspruch aus § 546 BGB grundsätzlich unabhängig vom Zeitraum bis zum Vertragsende erfüllbar sei, und dass der Mieter bereits vor Vertragsende erfüllen dürfe, sofern keine besonderen Umstände vorlägen.

Die vermieterseits zitierte Gegenauffassung stehe nach Auffassung der Kammer insbesondere nicht im Einklang mit § 271 Abs. 2 BGB, wonach der Schuldner im Zweifel vor der vertraglich bestimmten Zeit – hier dem Vertragsende – leisten dürfe.

Fazit:

Das LG Bonn stellt sich ausdrücklich gegen anders lautende, obergerichtliche Rechtsprechung.

Seine Entscheidung ist unseres Erachtens zweifelhaft und zwar aus folgenden Gründen:

1.

Es mag richtig sein, dass in § 271 BGB ein „vorzeitiges Leistungsrecht“ des Schuldners geregelt ist.

Zwar mag in Anbetracht dessen vertretbar sein, den Vermieter als zu einer Rücknahme der Mietsache auch vor dem Ende der Mietzeit verpflichtet anzusehen.

Dies kann aber allenfalls dann gelten, wenn das Mietende naht oder unmittelbar bevorsteht.

Keinesfalls ist unseres Erachtens ein vorzeitige Wohnungsrückgabe einige Wochen oder gar Monate vor Ende des Mietverhältnisses zulässig.

Denn der Mieter betreibt in derartigen Fällen die vorzeitige Wohnungsrückgabe nur um der Erledigung bzw. der Entledigung von Obhutspflichten Willen, die er damit dem Vermieter überbürdet.

2.

Es mag zwar richtig sein, dass der Mieter nicht zum Gebrauch der Mietsache verpflichtet ist.

Gleichwohl treffen den Mieter auch in diesem Fall weiterhin Obhutspflichten, die aufgrund des bestehenden Mietvertrags er und nicht der Vermieter zu erfüllen hat.

Niemand stellt in Frage, dass sich der Mieter seinen Obhutspflichten einseitig nicht mit dem Argument entledigen kann, er nutze die Mietsache ohnehin nicht.

Wieso im Fall vorzeitiger Wohnungsrückgabe etwas anderes gelten soll, beantwortet das LG Bonn nicht.

Vielmehr bleiben die Interessen und Dispositionen des Vermieters bei der Einräumung eines Rechts auf eine weit vor dem eigentlichen Mietende liegende vorzeitige Wohnungsrückgabe völlig unbeachtet.

Das kann nicht richtig sein.

3.

Erfreulicherweise hat das LG Bonn hat die Revision zum Bundesgerichtshof zur Klärung der umstrittenen Frage zugelassen, ob eine vorzeitige Wohnungsrückgabe zulässig ist oder.

Man darf also gespannt sein, wie der VIII. Zivilsenat die Frage beantwortet.

Bis dahin können Sie hier mehr zum Thema Mietrecht erfahren!

Ihre Nachricht

Ihre Nachricht wurde gesendet. Vielen Dank!

Sie erreichen und auch telefonisch unter +49 721 / 943114-0.

Bitte beachten Sie folgendes: Durch die Zusendung einer E-Mail kommt noch kein Mandatsverhältnis zustande. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir ohne vorherige Vereinbarung keine Rechtsberatung per E-Mail erteilen können und keine fristgebundenen und Frist wahrenden Erklärungen entgegennehmen. Die Datenübertragung per Internet ist risikobehaftet. Dies sollten Sie insbesondere bei der Übersendung vertraulicher Informationen bedenken. Sollten wir eine E-Mail erhalten, gehen wir davon aus, dass wir zu deren Beantwortung per E-Mail berechtigt sind.