Sportrecht | 02.02.2018

Dopingkontrolle – Ist das (Kontroll-) System gescheitert?

Klares ja, leider. Aber: Nicht aufgeben!

Systematisches Doping in Russland

Die Dopingkontrolle gehört im Sport zum Alltag. Selbst Olympiasieger betrachten aber das Kontrollsystem als gescheitert und fordern gar die Freigabe von leistungssteigernden Mitteln. Dass in Russland systematisch bei Dopingkontrollen manipuliert wurde, scheint wahr. Das Scheitern liegt nicht an Russen, die nun doch bei der Olympiade starten dürfen oder am internationalen Sportschiedsgericht CAS in Lausanne, weil es Sperren gegen russische Athleten aufgehoben bzw. halbiert hat und dafür harsche Kritik erntete oder am Kollegen Dr. Bach, der als mächtigster Sportfunktionär eine schlechte Figur bei was immer abgeben mag.

Alle sind am Scheitern beteiligt

Im Zweifel sind alle am Scheitern beteiligt, möglicherweise auch wir Sportjuristen und Sportjuristinnen. Jeder, der mit dem Finger auf andere zeigt, muss sich klar sein, dass drei Finger auf ihn zurück zeigen. Probieren Sie es einmal mit Ihrer rechten Hand aus. Gut, es sind die eigenen Finger, aber jeder wird das Bild verstehen. Ich habe auch keine Lösung und werde schon deshalb nicht moralisieren oder kluge Vorschläge machen. Ich liebe meinen Beruf und ich liebe vor allem den Sport. Wenn ich etwas zur Abhilfe beitragen kann, gerne.

Bericht aus der Praxis

Kurz möchte ich aber aus der Praxis berichten. Ich habe einen Sportler in einem Dopingverfahren vor dem Deutschen Sportschiedsgericht (DSG – das ist das Pendant zum CAS auf nationaler Ebene) in Köln vertreten. Der Vorwurf lautete Manipulation einer Dopingprobe. Der Sportler soll – vom Kontrolleur unbemerkt – künstlichen Urin in Probenfläschchen, die sog. Bereg-Kits gefüllt haben.

Merkwürdiges Verfahren

Die Dopingkontrolle offenbarte verschiedene Merkwürdigkeiten. Zum Beispiel protokollierte der Kontrolleur, dass der Sportler die Urinabgabe unter seiner Sicht (ja, das muss so sein) abgegeben habe. Das erlaubte den Einwand zugunsten des Sportlers, wie dieser dann unbemerkt Kunsturin abgefüllt haben solle. Das ist nämlich gar nicht so einfach, selbst wenn man eines der zahlreichen Hilfsmittel auf dem Markt verwendet, wie präparierte Unterwäsche oder Kunstpenen (googeln Sie mal künstlicher Urin in der Bildersuche, Ihnen wird schlecht). In der mündlichen Verhandlung gab der Kontrolleur dann aber überraschend an, er habe gar keine direkte Sicht auf den Sportler gehabt, weil alles so eng in dem Raum gewesen sei, in dem die Kontrolle stattfand.

Das System ist perfekt, Sportler nicht

Der Schluss des Sportgerichtes – unterstützt durch die Nationale Anti Doping Agentur NADA  und das Doping-Labor in Köln – war eindeutig: Die Manipulation der Dopingkontrolle konnte nur vom Sportler kommen. Denn – und jetzt kommt es – die oben erwähnten Bereg-Kits (so heißen die Fläschchen nach dem Hersteller aus der Schweiz –  Information hier) seien ohne Zweifel nicht manipulierbar. Todsicherer Siegelverschluss und ebenso todsichere Markierung. Punkt. Alle Einwände und Beweisanträge, dass die Fläschchen doch manipulierbar sein könnten, hat das Sportgericht schlichtweg ignoriert. Der Sportler ist gesperrt worden. Geld für die aussichtsreiche Berufung vor dem CAS hatte er nicht und musste die zweijährige Sperre letztlich hinnehmen.

Oh, das System bei der Dopingkontrolle ist doch nicht perfekt

Nun kommt Hajo Seppelt, der bekannte Anti-Doping-Journalist, und weist nach, dass die Bereg-Kits, sogar die der neuesten Generation, sehr wohl und zwar sehr leicht manipulierbar sind. Sinngemäßes Zitat eines „Profis“: „Das dauert zwölf Minuten, inklusive Markierung.“ Zu der Markierung: „Wenn die Fälschung eines Geldscheins einen Schwierigkeitsgrad 10  hat, dann hat das Bereg-Kit eine 0,3.“

Da bleibt einem die Spucke weg und es fehlen die Worte.

Hier geht es zu dem wirklich sehenswerten Beitrag von Hajo Seppelt auf der ARD-Mediathek (Teil 2, der mit den Bereg-Kits). 

Es leben die freien Medien, selbst wenn sie einem manchmal auf den Wecker gehen mögen.

Rechtsanwalt Dr. Markus H. Schneider

Dr. Markus H. Schneider, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Karlsruhe.

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