Wohnungseigentumsrecht | 13.08.2014

Instandhaltungsrücklage: Nur ausnahmsweise Rückgriff bei Geldnot

Die Instandhaltungsrücklage ist die Geldreserve für größere Instandhaltungsarbeiten.

Zwar darf sie bei Geldnot  ausnahmsweise angezapft werden. Die Entnahme muss aber detailliert, u. a. nach Höhe und Dauer, geregelt und beschlossen werden;

eine vollständige Auflösung der Instandhaltungsrücklage kommt dabei in der Regel nicht in Betracht.

 

Dies hat das Landgericht Frankfurt, Urteil vom 16.07.2014 – Az. 2-13 S 91/13 entschieden.

Instandhaltungsrücklage - In dem zu entscheidenden Fall beschlossen die Wohnungseigentümer der Verwalterin zu gestatten, bei Liquiditätsengpässen bis zur Höhe von 10.000,00 Euro kurzfristig auf die Instandhaltungsrücklage zurückzugreifen.

Einer der Wohnungseigentümer hielt diesen Beschluss für mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht vereinbar und erhob Anfechtungsklage.

Zu Recht?

Ja – das LG Frankfurt erklärt den Beschluss für ungültig.

Die Ungültigkeit folge daraus, dass der Beschluss generell bei Liquiditätsengpässen den kurzfristigen Zugriff auf die Instandhaltungsrücklage -unabhängig von der konkreten Höhe der Instandhaltungsrücklage zu diesem Zeitpunkt und ohne Klärung des Begriffs „kurzfristig“ – zulasse.

1.

Grundsätzlich widerspreche es der Zweckbestimmung der Instandhaltungsrücklage und bewege sich damit nicht mehr im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn diese für andere Maßnahmen, etwa zum Ausgleich von Wohngeldausfällen, verwendet werde.

Die Instandhaltungsrücklage habe den gesetzlichen, hier von der Gemeinschaftsordnung auch nicht modifizierten, Zweck, notwendige größere Reparaturen des gemeinschaftlichen Eigentums zu sichern.

2.

Über Entnahmen aus der Instandhaltungsrücklage könne die Eigentümerversammlung mit Mehrheit beschließen.

Ein Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung, eine vorhandene Instandhaltungsrücklage wieder aufzulösen, liege nur dann im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, von dem durch Mehrheitsbeschluss nicht abgewichen werden dürfe, wenn dies nicht zur Unterschreitung der von § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG gebotenen Sicherheit führe.

Deshalb widerspreche es in der Regel den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung, die Instandhaltungsrücklage vollständig oder bis auf einen unbedeutenden Rest aufzulösen.

Der Grundsatz der Zweckbindung dieser Rücklage erfordere den Verbleib einer „eisernen Reserve“. 

Diese erforderliche Mindestreserve, die nicht unterschritten werden dürfe, könne nicht abstrakt festgelegt werden, ihre Höhe hänge vielmehr von dem Zustand, dem Alter und der Reparaturanfälligkeit der Anlage ab.

3.

Jedoch würden Rechtsprechung und Schrifttum – in mehr oder minder engen Grenzen – Ausnahmen zulassen.

In der Instandhaltungsrückstellung gebundene Mittel, die jedenfalls eine angemessene Höhe übersteigen, könnten hiernach für andere Zwecke verwendet werden.

Für die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses könne es damit, abgesehen von Feststellungen zur Höhe der seinerzeit vorhandenen Instandhaltungsrücklage, auch eine Rolle spielen, welche absehbaren Instandsetzungsmaßnahmen in der nächsten Zeit anstünden und welchen Kapitaleinsatz sie erfordern werden, ferner welche Aussichten vorhanden seien, einerseits die Rückstände doch noch einzutreiben und andererseits die Rücklage wieder aufzufüllen.

4.

Ausgehend von obigen Grundsätzen sei die Regelung im vorliegenden Fall zu unbestimmt, da sie insbesondere nicht festgelege, welche Beträge als Instandsetzungsrücklage notwendig sind und nicht angegriffen werden dürfen.

a.
Es sei zwar nicht zu verkennen, dass  der angefochtene Beschluss in seinen Auswirkungen durchaus den obigen Grundsätzen entsprochen haben könnte, da die Instandhaltungsrücklage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung einen Stand von 180.000 Euro erreicht hatte, was einen Zugriff i. H. v. bis zu 10.000 Euro als unbedenklich erscheinen lassen könnte.

b.
Bei der Auslegung von Beschlüssen von Wohnungseigentümergemeinschaften sei aber von deren Wortlaut auszugehen.

Die Rahmenbedingungen müssten außer Betracht bleiben.

Die von der Eigentümerversammlung beschlossene Ermächtigung habe über den Zeitpunkt der Beschlussfassung hinaus Bestand, so dass sie auch unter gänzlich anderen wirtschaftlichen Umständen Geltung haben könnte, obwohl diese wirtschaftlichen Umstände nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung für einen Zugriff auf die Instandhaltungsrücklage entwickelt hat, einen solchen Zugriff nicht mehr gestatten würden.

Durch den hier zu beurteilenden Beschluss sei aufgrund seiner allgemein gehaltenen Fassung ein weiterer Handlungsspielraum eröffnet als es notwendig wäre, um die zu Jahresbeginn regelmäßig auftretenden Engpässe wegen Begleichung von auf das ganze Jahr bezogener Verpflichtungen, die im Laufe des Jahres durch die Einnahme wieder gedeckt werden, durch Zugriff auf die Instandhaltungsrücklage bedienen zu können.

Fazit:

Die Entscheidung des LG Frankfurt enstpricht der bisherigen Rechtsprechung.

Bei der Instandhaltungsrücklage handelt es sich um zweckgebundenes Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Es dient vornehmlich der Finanzierung größerer Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme und nicht dem „Stopfen von Haushaltslöchern“.

Andere Verbindlichkeiten der Gemeinschaft sind grundsätzlich mit Hilfe der durch die Wohnungseigentümer zu leistenden Wohngelder zu erfüllen.

Eine voraussschauende, ausreichende  Haushaltsplanung in Form eines ordentlichen Wirtschaftsplans ist deshalb unerlässlich.

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