Verkehrsrecht | 16.05.2014

Halterhaftung nach StVG – Greift sie bei Selbstentzündung?

Die Halterhaftung nach StVG greift auch dann, wenn sich ein abgeparktes Kfz aufgrund eines technischen Defekts selbst entzündet. Maßgeblich ist, dass sich der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs ereignet.

Dies hat der Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.01.2014, Az. VI ZR 253/13 entschieden.

In dem zu entscheidenden Fall geriet das in einer Tiefgarage abgeparkte Kfz der Beklagten aufgrund eines technischen Defekts in Brand. Dieser breitete sich auf das in unmittelbarer Nähe abgeparkte Kfz des Klägers aus und beschädigte dieses erheblich.

Die auf Ersatz der durch den Brand enstandenen Schäden gerichtete Klage wies das Amtsgericht Karlsruhe in 1. Instanz ab. Das Landgericht Karlsruhe gab der Klage in 2. Instanz statt, denn es hielt die Voraussetzungen der verschuldensunabhängigen Halterhaftung nach StVG für gegeben.

Zu Recht?

Ja – der BGH weist die gegen das Berufungsurteil gerichtete, wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision zurück.

1.

Voraussetzung der Halterhaftung nach StVG – § 7 Abs. 1 StVG  – sei, dass eines der dort genannten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ verletzt bzw. beschädigt worden sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats sei dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Halterhaftung   nach StVG sei der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet werde; die Vorschrift wolle daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen.

Ein Schaden sei demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden sei. Erforderlich sei aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt werde, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handle, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden solle, d.h. die Schadensfolge müsse in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden sei.

Für die Zurechnung der Betriebsgefahr komme es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges stehe.

2.

Nach diesen Grundsätzen habe das Berufungsgericht die Beschädigung des klägerischen Fahrzeuges  mit Recht der vom Fahrzeug der Beklagten ausgehenden Betriebsgefahr zugerechnet.

Der Schaden am Fahrzeug des Klägers habe in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit dem Brand des Kraftfahrzeuges der Beklagten gestanden,  der durch einen technischen Defekt einer Betriebseinrichtung dieses Fahrzeuges verursacht worden sei. Dass Dritte durch den Defekt einer Betriebseinrichtung eines Kraftfahrzeuges an ihren Rechtsgütern einen Schaden erleiden, gehöre zu den spezifischen Auswirkungen derjenigen Gefahren, für die die verschuldensunabhängige Halterhaftung nach  StVG den Verkehr schadlos halten wolle.

Dabei mache es rechtlich keinen Unterschied, ob der Brand – etwa durch einen Kurzschluss der Batterie – unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während oder nach einer Fahrt eintrette. Wollte man die Halterhaftung nach StVG auf Schadensfolgen begrenzen, die durch den Fahrbetrieb selbst und dessen Nachwirkungen verursacht worden seien, liefe die Haftung in all den Fällen leer, in denen unabhängig von einem Betriebsvorgang allein ein technischer Defekt einer Betriebseinrichtung für den Schaden eines Dritten ursächlich geworden sei.

Bei der gebotenen wertenden Betrachtung sei das Schadensgeschehen jedoch auch in diesen Fällen – im Gegensatz etwa zu einem vorsätzlichen Inbrandsetzen eines ordnungsgemäß auf einem Parkplatz abgestellten Kraftfahrzeuges  – durch das Kraftfahrzeug selbst und die von ihm ausgehenden Gefahren entscheidend (mit)geprägt worden. Hierzu reiche es aus, dass der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges stehe.

Fazit:

Ein Kfz ist ein „gefährlicher Gegenstand“.

Diese Gefahr folgt aus seiner Größe, seiner Beschaffenheit, seiner Geschwindigkeit und seiner – mitunter – eingeschränkten Kontrollierbarkeit. Die Benutzung eines Kfz ist somit die erlaubte Eröffnung einer Gefahrenquelle für die Umwelt, insbesondere andere Verkehrsteilnehmer.

Die Halterhaftung nach StVG will die durch den Gebrauch eines Kfz enstehenden Gefahren für den Verkehr kompensieren.

Die Entscheidung des BGH unterstreicht dabei, dass die Halterhaftung nach StVG entsprechend dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG weit zu verstehen ist. Das ist zutreffend.

So gehören zu den beim Betrieb eines Kfz verursachten Schäden u.a. auch solche Schäden, die durch eine verlorene Ladung oder die Verschmutzung der Fahrbahn durch ein Kfz entstehen.

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