Veröffentlichungen | 15.07.2014

Einwendungsausschluss bei Betriebskostenabrechnung – Wie weit geht er?

Höchstrichterlich ungeklärt ist bis heute, welche Reichweite § 556 Absatz 3 Satz 5 BGB hat. Danach hat der Wohnraummieter Einwendungen gegen eine Betriebskostenabrechnung binnen eines Jahres nach ihrem Zugang vorzubringen. Tut er es nicht, ist er mit den nicht erhobenen Einwendungen ausgeschlossen. Was man in Karlsruhe über diesen Einwendungsausschluss denkt, hat jüngst das dortige Landgericht entschieden.

Aktuelles vom LG Karlsruhe

Das Landgericht Karlsruhe hat jüngst eine Entscheidung aus der Vorinstanz bestätigt, wonach jedenfalls der Einwand, eine bestimmte Kostenposition sei aus der Abrechnung zu streichen, weil es sich bei ihr nicht um eine umlagefähige Position im Sinne der Anlage 3 zu § 27 II. BV handelt, auch nach Ablauf dieser Jahresfrist zu berücksichtigen ist.

Ausgangspunkt waren Betriebskostenabrechnungen der Zeiträume 2007 bis 2010. Nachdem seit dem Zugang auch der letzten Abrechnung mehr als ein Jahr vergangen war, forderte die Klägerin den beklagten Vermieter auf, insgesamt € 774,11 zu erstatten, die in die Abrechnungen unstreitig als Kosten für Reparaturen und Bankgebühren eingestellt gewesen waren. Der Ausgang des Rechtsstreits konnte nur schwer vorausgesagt werden:

Streit unter Mietrechtlern

Langenberg vertritt seit jeher die Auffassung, es sei ein Wertungswiderspruch, wenn das Gesetz einerseits die Umlage bestimmter Kosten auf den Mieter generell nicht gestatte, man es dem Mieter andererseits aber nach Fristablauf verwehre, sich nach Ablauf dieser Frist auf dieses Verbot zu berufen (Langenberg, Betriebs- und Heizkostenrecht, 6. Auflage 2012, H. Randziffer 269). Außerdem stelle die Umlage solcher Kosten in der Sache eine versteckte Mieterhöhung dar. (ders. in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Auflage 2011, § 556 BGB, Randziffer 503).

Demgegenüber stellt Sternel den Zweck des § 556 Absatz 3 Satz 5 BGB, die möglichst zeitnahe Herstellung von Rechtssicherheit, in den Vordergrund. Zwar sieht auch er den vertragswidrig handelnden Vermieter grundsätzlich nicht in den Schutzbereich der Vorschrift einbezogen, dennoch obliege es dem Mieter innerhalb der Jahresfrist Einwendungen vorzubringen, die im Rahmen einer zumutbaren Prüfung erkennbar sind. (Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Auflage 2009, V., Randziffer 464f.) Deshalb umfasse der Einwendungsausschluss auch den Einwand, bestimmte Kosten seien nicht umlagefähig, denn dieser Abrechnungsfehler ist offenkundig und ohne weiteren Aufwand zu entdecken.

In der Tat scheint der Befriedungszweck des Einwendungsausschlusses auch für den Bundesgerichtshof eine gewichtige Rolle zu spielen. Dieser hatte am 10. Oktober 2007 im Verfahren VIII ZR 279/06 entschieden, dass der Mieter mit dem Einwand, bestimmte Kosten der Abrechnung seien zwar grundsätzlich umlagefähig, es mangele jedoch an einer konkreten vertraglichen Umlage, nach Ablauf eines Jahres nach Zugang der Abrechnung nicht mehr gehört werden könne. (bestätigt mit Urteil vom 5. März 2008 – VIII ZR 80/07).

LG Karlsruhe: Einwendungsausschluss betrifft nicht die nicht umlagefähigen Kosten

In Karlsruhe wird der Aspekt der Rechtssicherheit derzeit mit weniger Gewicht bemessen: Das Amtsgericht hat sich die genannten Argumente von Langenberg mit Urteil vom 2. Dezember 2011 zu Eigen gemacht und der Klage der Mieterin stattgegeben. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Vermieters wurde nach einem knapp begründeten Hinweis durch das Landgericht vom 16. Mai 2012 zurückgenommen.

Dieser Beitrag ist vom Autor veröffentlicht in der Zeitschrift für Miet- und Raumrecht 2012, S. 787ff.

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