Gesellschaftsrecht | 24.11.2020

Zum Grundsatz der Firmenwahrheit

Firma

Die "Firma" eines Unternehmens ist letztlich der Name unter dem das Unternehmen seine kaufmännischen Geschäfte betreibt. Zu den geltenden Das Handels- und Gesellschaftsrecht kennt die firmenrechtlichen Grundsätze Firmenzusatz, Firmenklarheit, Firmenwahrheit, Firmenausschließlichkeit, Firmenbeständigkeit, Firmenöffentlichkeit, Firmeneinheit.

Grundsatz der Firmenwahrheit

Besondere Bedeutung hat der Grundsatz der Firmenwahrheit. Dieser hat einen Wandel vollzogen und gilt heute weniger streng. Mussten früher Außenstehende erkennen können, wer Firmeninhaber ist und welche Art von Unternehmung vorliegt, gilt dies heute nur noch eingeschränkt. Das heißt, die Firma, also der Name, darf nicht irreführend sein. Der Außenstehende darf also nicht über die Art und den Umfang des Geschäfts oder die Verhältnisse des Geschäftsinhabers getäuscht werden. So dürfen beispielsweise nur Kreditinstitute die Bezeichnungen „Bank“, „Bankier“ oder „Sparkasse“ im Firmennamen führen.

Rechtsprechung zum Grundsatz der Firmenwahrheit

OLG Düsseldorf

Jüngst hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem Beschluss vom 16.3.2020 (Az. I-3 Wx 133/19) in einem Leitsatz wie folgt ausgeführt:

Die Firma „TAX-Care GmbH“ ist bei verständiger Würdigung geeignet, aus der objektivierten Sicht eines durchschnittlichen Angehörigen der beteiligten Verkehrskreise den Eindruck hervorzurufen, zu ihrem Geschäftsbetrieb gehöre – wie gerade nicht der Fall und überdies rechtlich unzulässig – (auch) die steuerrechtliche Vorsorge, Betreuung, Beratung oder Hilfe in Steuerangelegenheiten, was sich nicht mit dem Grundsatz der Firmenwahrheit vereinbart.

OLG Rostock

Etwas ausführlicher möchte ich eine Entscheidung des OLG Rostock aus dem Jahr 2014 darstellen, bei der es um das Thema "Personenfirma einer GmbH" geht.

Beschluss vom 17.11.2014 – 1 W 53/14 = GmbHR 2015, 37

 I. Leitsatz

Die Bildung einer Personenfirma bei einer GmbH unter Verwendung des Nachnamens eines Nicht-Gesellschafters oder Minderheitsgesellschafters verstößt weder gegen die Anforderung des § 4 GmbHG noch gegen das Irreführungsverbot aus § 18 Abs. 2 HGB.

II.  Sachverhalt

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die beantragte Eintragung einer Gesellschaft mit der Firmierung „B Versicherungsmakler GmbH“ in das Handelsregister.

Die B Versicherungsmakler GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 22.01.2014 neu gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist die Vermittlung von Versicherungen aller Art. Einziger Gesellschafter war zum Zeitpunkt der Gründung der Antragsteller Herr A H. Namensgeber der Gesellschaft ist der Versicherungsmakler J B, der seinen Versicherungsbestand an den Antragsteller veräußert hatte und in die Gesellschaft später mit einem Anteil von 2 % am Stammkapital aufgenommen wurde.

Das Registergericht äußerte mit Zwischenverfügung vom 10.03.2014 Bedenken gegen die beabsichtigte Firmierung, da kein Bezug des Namensgebers zur GmbH bestehe. Daraufhin legte der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 11.03.2014 einen Vertrag vor, mit dem der Namensgeber der Verwendung seines Namens zustimmte. In einer vom Registergericht eingeholten gutachterlichen Stellungnahme vom 01.04.2014 meldete auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Einwände gegen die Firmierung an. Es bestünde eine Irreführungsgefahr gem. § 18 Abs. 2 HGB und der Grundsatz der Firmenwahrheit sei verletzt. Dieser Auffassung trat das Registergericht bei und forderte mit weiterer Verfügung vom 03.06.2014 den Antragsteller auf, die Firma zu ändern. Begründend führte das Gericht aus, es sei weder ersichtlich, dass es sich um einen Fall der Firmenfortführung nach § 22 HGB handele, noch habe der namensgebende Minderheitsgesellschafter (2%) bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft.

Mit seiner durch den Verfahrensbevollmächtigten erhobenen Beschwerde vom 23.07.2014, der das Registergericht nicht abgeholfen hat, tritt der Antragsteller der geäußerten Rechtsansicht des Ausgangsgerichts entgegen.

III. Gründe 

1.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie ist statthaft (§§ 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG, 58 Abs. 1, 65 Abs. 1 FamFG) und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1, 65 Abs. 1 FamFG).

 2.

Die Beschwerde ist auch begründet. Die Firma „B Versicherungsmakler GmbH“ verstößt weder gegen § 4 GmbHG noch gegen § 18 Abs. 2 HGB.

 a.

Gem. § 17 Abs. 1 HGB ist die Firma der Name der GmbH, unter dem sie als juristische Person im Rechtsverkehr auftritt. Durch ihre Firma wird die GmbH gekennzeichnet und individualisiert (Saenger/Inhester/Pfisterer, GmbHG, 2. Aufl., § 4 RN 2). Trotz der Bedeutung der Firma existiert seit der Handelsrechtsreform im Jahre 1998 mit dem geänderten § 4 lediglich eine Norm im GmbHG, die eine inhaltliche Vorgabe zur Firmenbildung enthält. Angesichts der weitgehenden Liberalisierung des Firmenrechts schreibt § 4 GmbHG nur noch die zwingende Notwendigkeit eines Rechtsformzusatzes bei Bildung der Firma einer GmbH vor. Die Firma muss den Zusatz „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten. Die Firma des Beschwerdeführers enthält die Abkürzung „GmbH“. Damit ist der Anforderung des § 4 GmbHG Genüge getan.

 b.

Hingegen ist es aufgrund der Änderung des § 4 GmbHG zum 01.01.1999 nicht mehr erforderlich, dass -soweit die GmbH eine Personenfirma führt- diese notwendiger Weise die Namen von Gesellschaftern enthält, oder eine Sachfirma, die sich auf den Unternehmensgegenstand bezieht (Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 20. Aufl., § 4 RN 1; Saenger/Inhester/Pfisterer, aaO, RN 4). Eine Personenfirma ohne Gesellschafterbezug ist folglich seit der Reform gesetzlich nicht (mehr) verboten (OLG Jena, NZG 2010, 1354; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 18. Aufl., § 4 RN 34).

Bereits zuvor hatte sich mit der Rechtsprechung des BayObLG (NJW 1977, 2318) die Überzeugung durchgesetzt, dass es nicht den gesetzlichen Vorschriften über das Firmenrecht widerspricht, wenn ein Gesellschafter lediglich zur Namenshergabe aufgenommen wird und alsbald wieder aus der Gesellschaft ausscheidet. Ebenso war es auch bereits vor der Reform nicht notwendig, dass der namensgebende Gesellschafter auf die Geschicke der Gesellschaft maßgeblichen Einfluss auszuüben vermochte (vgl. OLG Jena, NZG 2010, 1354). Insofern erhebt der Antragsteller gegen die angefochtene Entscheidung mit Recht die Kritik, es liege ihr ein überholtes Firmenverständnis, welches mit der weitgehenden Liberalisierung des Firmenrechts seit dem In-Kraft-Treten des HRefG nicht in Übereinstimmung zu bringen sei, zugrunde.

 c.

Entgegen der Rechtsansicht des Registergerichts kann auch kein Verstoß gegen das sich aus § 18 Abs. 2 HGB ergebende Irreführungsverbot, mit dem der Grundsatz der Firmenwahrheit zu sichern gesucht wird, festgestellt werden.

 aa.

Bei der Bildung einer GmbH-Firma sind neben § 4 GmbHG die firmenrechtlichen Vorschriften des HGB zu beachten. Das Irreführungsverbot aus § 18 Abs. 2 HGB untersagt die Bildung einer Firma, die Angaben enthält, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, ersichtlich irrezuführen. Soll der Name eines Nicht-Gesellschafters – so wie vorliegenden Fall im Gesellschaftsvertrag vom 22.01.2014 ursprünglich vorgesehen – in die Firma aufgenommen werden, begründet dieses Vorgehen nur dann eine Irreführungsgefahr, wenn der gewählte Name für die angesprochenen Verkehrskreise von Relevanz ist – etwa bei der Verwendung des Namens einer Person des öffentlichen Lebens – und eine maßgebliche Beteiligung des Namensgebers nahelegt (LG München I, MittBayNot 2007, 71). Dann kann der Namensträger Bedeutung für die wirtschaftlichen Entscheidungen der angesprochenen Verkehrskreise haben, die dem Namensträger ein gewisses Vertrauen entgegenbringen (OLG Jena, NZG 2010, 1354).

 bb.

Wieso solches beim Namen „B“ der Fall sein soll, ist weder vom Registergericht noch von der IHK dargetan; es gibt auch ansonsten keine naheliegenden Anhaltspunkte dafür. Den angesprochenen Verkehrskreisen ist es grundsätzlich gleichgültig, wer als Gesellschafter an einer GmbH beteiligt ist, es sei denn, es liegt der genannte Ausnahmefall vor (LG München I, MittBayNot 2007, 71; OLG Jena, NZG 2010, 1354).

Beim Namensgeber B handelt es sich seit der Änderung des Gesellschaftsvertrags durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28.05.2014 sogar um einen Gesellschafter der GmbH. Dass der Namensgeber B nur Minderheitsgesellschafter ist, spielt schon allein deshalb keine Rolle, weil die persönliche Haftung eines Gesellschafters -anders als in einer Personengesellschaft- keine Bedeutung hat.

Das Amtsgericht wird deshalb erneut unter Beachtung der vorstehenden Rechtsauffassung über die beantragte Anmeldung der Firma in das Handelsregister zu entscheiden haben, wobei die Prüfung der übrigen Eintragungsvoraussetzungen, da diese nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens waren, dem Registergericht vorbehalten ist.

 (Quelle: Hagen Law School)

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