Wohnungseigentumsrecht | 01.08.2012

Böse Nachbarn: Aufklärungspflicht des Verkäufers?

Bei dem Verkauf einer Immobilie besteht eine Aufklärungspflicht des Verkäufers hinsichtlich „böser Nachbarn“ nur dann, wenn der Käufer hiernach fragt oder bei extrem nachbarfeindlichem oder schikanösem Verhalten der Nachbarn, mit dem der Käufer nicht rechnen muss.

 

Dies hat das LG München I mit Urteil vom 12.07.2012, Az. 23 O 5974/10 entschieden.

In dem zu entscheidenen Fall hatten die Kläger von den Beklagten eine Eigentumswohnung zu einem Preis von 242.500,00 EURO erworben. Nach ihrem Einzug stellten die Kläger fest, dass in der oberhalb gelegenen Wohnung eine – offenbar cholerische – Nachbarin lebt, die sich schon wegen Kleinigkeiten echauffiert, über alles und jeden aufregt:

Beim geringsten Lärm, so die Kläger, schreie die Nachbarin durchdringend durchs Treppenhaus und in den Garten. Sie beschimpfe lautstark die Kinder, die sich auf dem zur Anlage gehörenden Spielplatz aufhielten. Über das Grillen im Garten, der zur  Wohnung der Kläger gehöre, beschwere sie sich massiv, obwohl es nach der Hausordnung der Anlage unstreitig zulässig sei. Auch Kinderwagen im Hausflur seien Anlass für lautstarke Beschwerden. Im Haus reagiere die Nachbarin auf Geräusche mit Klopfen gegen Wände oder Boden, dabei verursache die Nachbarin selbst erheblichen Lärm, wenn sie immer wieder lautstark streite, auch während nächtlicher Ruhezeiten. Ständig beschwere sie sich über die Kläger bei der Hausverwaltung.

Von all dem, so die Kläger, hätten die Beklagten Kenntnis gehabt, aber hierüber nicht aufgeklärt, obwohl nach Auffassung der Kläger eine entsprechende Aufklärungspflicht des Verkäufers bestand. Wegen dem Verhalten der Nachbarin erwachse den Klägern im Falle der Wiederveräußerung ein Schaden i. H. v. 30.000,00 EURO , den sie von den Beklagten ersetzt verlangen.

Zu Recht?

Nein! Das LG München I weist die Klage ab.

Zwar könne das bewusste Verschweigen von Umständen, die für den Kaufentschluss wesentlich seien, einen Schadensersatzanspruch nach §§ 311,280 BGB begründen. Eine Aufklärungspflicht des Verkäufers sei dann anzunehmen, wenn  der Käufer nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte redlicherweise Aufklärung erwarten durfte. Nachbarschaftsstreitigkeiten an sich seien aber zunächst nichts Ungewöhnliches und nicht ohne Weiteres aufklärungspflichtig. Das Gleiche gelte für lärmempfindliche Nachbarn, die sich über Geräusche beschweren. Auch Streitigkeiten, ob und wann im Freien gegrillt werden solle, sind unter Nachbarn gang und gäbe. Die Grenze zur Aufklärungspflicht des Verkäufers sei erst dann überschritten, wenn der Kaufinteressent nach solchen Problemen ausdrücklich frage oder wenn Nachbarn sich so extrem nachbarfeindlich und schikanös verhalten, dass ein unbefangener Käufer damit nicht rechnen müsse. Arglistig könne ein Verschweigen solcher Verhaltensweisen des Weiteren nur sein, wenn der Verkäufer sie beim Verkauf kenne. Die ihnen obliegenden Beweise hätten die Kläger aber nicht erbracht.

Fazit:

Querulatorisches Verhalten der Nachbarn kann eine Aufklärungspflicht des Verkäufers begründen, wenn danach gefragt wird oder wenn es außergewöhnlich und extrem ist (Bsp.: mehrjähriges absichtliches Stören der Nachtruhe, BGH, Urteil vom 22.02.1991, Az. V ZR 189/89; permanentes Beschimpfen, Beleidigen und Bedrohen, OLG Frankfurt, Urteil vom 20.10.2004, Az. 4 U 84/01).  Diese Pflicht kann der Verkäufer durch Verschweigen verletzen. Für die Voraussetzungen eines darauf gestützten Schadensersatzanspruches, insbesondere die Kenntnis des Käufers, ist aber der Käufer darlegungs- und beweispflichtig.

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