Wohnungseigentumsrecht | 04.06.2014

Sonderumlage: Ist ein ungültiger Beschluss wiederholbar?

Ist der Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage für ungültig erklärt worden oder ist dessen Wirksamkeit zweifelhaft, dann kann über die Sonderumlage erneut Beschluss gefasst werden.

Sonderumlage - Beschluss kann wiederholt werden!

Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 04.04.2014, Az. V ZR 168/13 entschieden.

In dem zu entscheidenden Fall fasste die WEG zwei Beschlüsse über die Erhebung einer Sonderumlage.

Alle Miteigentümer, bis auf den Kläger, zahlten ihren Anteil an der Sonderumlage, die ihr zugrunde liegenden Maßnahmen wurden durchgeführt und abgerechnet.

Die gegen den  Zahlungsunwilligen erhobene Klage wurde abgewiesen, weil das zur Entscheidung berufene Landgericht die Beschlüsse über die Sonderumlage mangels Bestimmtheit für nichtig hielt.

In Anbetracht dessen wiederholte die WEG die Beschlüsse über die Sonderumlage.

Diese Beschlüsse focht der Kläger mit der Begründung an, es fehle der WEG an der erforderlichen Beschlusskompetenz.

Das Landgericht Itzehoe sah das in 2. Instanz auch so:

Es bestehe keine Beschlusskompetenz dahingehend, für abgerechnete und bereits bezahlte Maßnahmen eine Sonderumlage zu beschließen; insoweit könne eine Zahlungspflicht nur durch die Einzeljahresabrechnung begründet werden.

Zu Recht?

Nein -der BGH weist die Anfechtungsklage des - noch immer - zahlungsunwilligen Klägers ab.

Die Wohnungseigentümer durften über die Erhebung der Sonderumlage erneut beschließen, nachdem das Landgericht die zuvor gefassten Beschlüsse inzident geprüft und jeweils als ungültig angesehen hatte.

1.

Richtig sei zwar, dass eine Sonderumlage eine Ergänzung des Wirtschaftsplans für das laufende Wirtschaftsjahr darstelle, die der Deckung besonderer oder unvorhergesehener Ausgaben diene.

Hier sollte aber jeweils eine wirksame Rechtsgrundlage für die von den übrigen Wohnungseigentümern bereits entrichteten Beiträge und die noch ausstehenden Beiträge des Klägers geschaffen werden.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts enthalte die Jahresabrechnung regelmäßig diese Rechtsgrundlage nicht.

2.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wirke der Beschluss über die Jahresabrechnung anspruchsbegründend  nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrags, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteige – sog. Abrechnungsspitze.

im Hinblick auf Zahlungsverpflichtungen, die durch frühere Beschlüsse entstanden seien, habe er dagegen nur bestätigende und rechtsverstärkende Wirkung.

Insbesondere führe der Beschluss über die Jahresabrechnung nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrunds für rückständige Vorschüsse in dem Sinne, dass sie sowohl auf Grund des Beschlusses über den Wirtschaftsplan, als auch auf Grund des Beschlusses über die Jahresabrechnung geschuldet wären.

Bei den in § 28 Abs. 2 WEG geregelten Vorschüssen der Wohnungseigentümer handle es sich nicht um gewöhnliche Abschlagszahlungen, für die charakteristisch sei, dass sie von dem Gläubiger nicht mehr verlangt werden können, sobald eine Berechnung der eigentlichen Forderung vorliegt.

Die Jahresabrechnung diene nicht der Ermittlung des „eigentlichen“ Beitragsanspruchs, sondern nur der Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse aufdie tatsächlichen Kosten.

3.

Weil die Jahresabrechnung danach nicht an die Stelle des Wirtschaftsplans trete, könne dieser nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung in einem folgenden Wirtschaftsjahr durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestünden.

Nichts anderes gelte für den Beschluss über eine Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans.

Nachdem das Landgericht die Beschlüsse über die Sonderumlage bei der Entscheidung über die Zahlungsklage des Verbands inzident als nichtig angesehen habe, mussten die Wohnungseigentümer davon ausgehen, dass ihre Zahlungen auf die Sonderumlagen ohne Rechtsgrundlage erfolgt waren und es an einem verpflichtenden Schuldgrund fehlte.

Dies durften sie beheben, indem sie – wie geschehen – der Sache nach inhaltsgleiche Beschlüsse fassten.

Fazit:

Überzeugende Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

Die vom Landgericht Itzhoe in 2. Instanz vertretene Auffassung kann dagegen als abwegig bezeichnet werden.

Bestand für den ersten Beschluss eine Beschlusskompetenz, so muss dies zwangsläufig auch für den inhaltsgleichen Zweitbeschluss gelten.

Es muss den Wohnungseigentümern möglich sein, bei Zweifeln über die Wirksamkeit eines Beschlusses „heilende“ Maßnahmen ergreifen zu können.

Würde man das anders sehen, so hätte das in vorliegendem Fall u.a. folgende Konsequenzen haben können:

Die Rechtsgrundlage für die auf die Sonderumlage bereits gezahlten – und verbrauchten Anteile – wäre entfallen.

Jeder Wohnungseigentümer hätte dann gegen die WEG einen Anspruch auf Rückzahlung. Das würde die WEG an den Rande des Ruins treiben.

Denn eine Sonderumlage wird regelmäßig auch deshalb beschlossen, weil die finanziellen Mittel der WEG aufgrund unvorhergesehener Umstände unzureichend sind.

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