Wohnungseigentumsrecht | 03.09.2012

Versammlungsprotokoll – Vier Augen sehen mehr als zwei!

Sieht die Gemeinschaftsordnung für die Gültigkeit von Beschlüssen die Unterzeichnung der Versammlungsniederschrift durch zwei Wohnungseigentümer vor, so ist zur Erfüllung dieser Voraussetzung erforderlich, dass zwei unterschiedliche Personen unterschreiben. Unzureichend ist die Unterschrift einer Person, die zugleich mehrere Wohnungseigentümer vertritt.

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 30.03.2012Az. V ZR 178/11 entschieden.

In dem zu entscheidenden Fall enthielt die Gemeinschaftsordnung eine qualifizierte Protokollierungsklausel. Nach dieser ist die Unterschrift durch den Verwalter und zwei Wohnungseigentümer unter dem Versammlungsprotokoll Voraussetzung für die Wirksamkeit von in der Versammlung gefassten Beschlüssen. Das Versammlungsprotokoll einer im Jahre 2010 stattgefundenen Wohnungseigentümerversammlung, auf der auch zahlreiche Beschlüsse gefasst wurden, wird nur durch den Verwalter und eine weitere Person unterzeichnet, die Verwaltungsbeirat und zugleich Geschäftsführer mehrerer GmbHs ist, denen jeweils Wohnungen in der betroffenen WEG gehören. Ein Wohnungseigentümer ficht die Beschlüsse unter Hinweis auf einen Verstoß gegen die Protokollierungsklausel an.

Zu Recht?

Ja! Auch der BGH meint, dass das Versammlungsprotokoll gegen das sich aus der Gemeinschaftsordnung ergebende Protokollierungserfordernis verstoße.

Eine solche Regelung sei wegen des berechtigten Interesses der Wohnungseigentümer an einer effektiven Kontrolle und an der sicheren Feststellung der gefassten Beschlüsse wirksam und führe dazu, dass ein Beschluss, der diesen Erfordernissen nicht genüge, für ungültig zu erklären ist. Die hier zu beurteilende Regelung sehe vor, dass das Versammlungsprotokoll von zwei Wohnungseigentümern unterzeichnet werden müsse und orientierte sich damit erkennbar an dem Vier-Augen- Prinzip.  Wesensmerkmal dieses Prinzips sei, dass die Regelung gewährleisten wolle, dass der zu unterzeichnende Text – hier das Versammlungsprotokoll – von zwei Personen unabhängig voneinander gelesen und auf seine Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit hin überprüft werde, um so Fehler eher aufdecken zu können. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn bei der Unterzeichnung des Versammlungsprotokolls eine Vertretung von mehreren Wohnungseigentümern durch eine einzige natürliche Person möglich wäre. Der mit der Unterzeichnung durch zwei Wohnungseigentümer erwartete Effekt einer intensiveren Prüfung könne so nicht eintreten. Die Regelung würde vielmehr einen wesentlichen Teil der ihr zugedachten Funktion einbüßen. Das lasse sich nur vermeiden, wenn das Protokoll von zwei verschiedenen natürlichen Personen unterzeichnet werde.

Fazit:

Protokollierungsklauseln obiger Art sind in der Praxis häufig und wirksam (BGH, Urteil vom 03.07.1997, V ZB 2/97). Wie immer gilt: Ein Blick in die Gemeinschaftsordnung erleichtert die Rechtsfindung.

Allerdings ist dieser Anfechtungsgrund ein nur sehr stumpfes Schwert. Warum dem so ist, kann Ihnen unser Experte verraten!

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