Wohnungseigentumsrecht | 20.03.2018

Vorbefassung in der WEG: Auch vor Beweisverfahren?

1. Das Gebot der Vorbefassung gilt grundsätzlich auch vor einem Antrag auf Einleitung eines  selbständigen Beweisverfahrens.

2. Das Gebot der Vorbefassung gilt ausnahmsweise dann nicht, wenn sich die Vorbefassung als unnötige Förmelei darstellen würde.

 

Dies hat das AG München, Beschluss vom 05.07.2017, 481 H 11437/17 WEG, entschieden.

DER FALL:

In dem zu entscheidenden Fall beantragte ein Wohnungseigentümer die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO.

Er wollte Schäden am Gemeinschaftseigentum sachverständig überprüfen lassen. Sein Anliegen machte er vor Antragstellung nicht zum Gegenstand einer Wohnungseigentümerversammlung.

Die Antragsgegner waren der Auffassung, mangels Vorbefassung sei der Antrag unzulässig.

ZU RECHT?

Ja, grundsätzlich schon. Im vorliegenden Fall aber ausnahmsweise nicht.

1.

Auch vor Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens sei eine Vorbefassung der Wohnungseigentümerversammlung erforderlich.

Wenn Schäden aufträten, deren Ursache in Mängeln des Gemeinschaftseigentums liegen könne, entspreche es ordnungsmäßiger Verwaltung i. S. v. § 21 Abs. 4 WEG, die Ursachen umgehend durch einen Sachverständigen feststellen zu lassen.

Jeder Wohnungseigentümer habe in einer solchen Lage einen Anspruch auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens.

Die Entscheidung über das „Ob“ und „Wie“ von Instandsetzungsmaßnahmen sei jedoch gemäß § 21 Abs. 1 und 3 WEG der Wohnungseigentümergemeinschaft vorbehalten.

Soweit es um die Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer gehe, müsse sich der Antragsteller vor Anrufung des Gerichts um eine Beschlussfassung bemühen.

Anderenfalls fehle ihm das Rechtsschutzbedürfnis.

Gleiches müsse grundsätzlich für den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gelten.

2.

Hier sei die Vorbefassung jedoch ausnahmsweise entbehrlich.

Denn es seien bereits – außergerichtliche – Sachverständigengutachten eingeholt worden. Diese hätten weder zu einer Klärung, noch zu einer Befriedung geführt.

Eine nochmalige Befassung der Wohnungseigentümerversammlung mit diesem Thema stelle deshalb eine unnötige Förmelei dar.

FAZIT:

Die Frage nach der Vorbefassung anlässlich eines Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ist umstritten.

Insbesondere die Münchener Rechtsprechung ist sich uneinig:

Während die 1. Zivilkammer des LG München I diese Frage verneint, wird sie durch die 36. Zivilkammer des LG München I bejaht.

Eine Entscheidung des BGH gibt es noch nicht.

Für den Rechtssuchenden und den Rechtsberater eine unglückliche Situation.

Unseres Erachtens ist eine Vorbefassung der Wohnungseigentümerversammlung in diesen Fällen nicht erforderlich. Bevor diese Frage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, bleibt aber ein Risiko.

Bis dahin haben wir einen Weg gefunden, dieses Risiko auszuschließen.

Wie? Das fragen Sie am besten unseren Partner Ralf Schulze Steinen, Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht.

Ihre Nachricht

Ihre Nachricht wurde gesendet. Vielen Dank!

Sie erreichen und auch telefonisch unter +49 721 / 943114-0.

Bitte beachten Sie folgendes: Durch die Zusendung einer E-Mail kommt noch kein Mandatsverhältnis zustande. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir ohne vorherige Vereinbarung keine Rechtsberatung per E-Mail erteilen können und keine fristgebundenen und Frist wahrenden Erklärungen entgegennehmen. Die Datenübertragung per Internet ist risikobehaftet. Dies sollten Sie insbesondere bei der Übersendung vertraulicher Informationen bedenken. Sollten wir eine E-Mail erhalten, gehen wir davon aus, dass wir zu deren Beantwortung per E-Mail berechtigt sind.