Arbeitsrecht | 10.07.2014

Personalberater müssen auch Diskriminierungen geheim halten

Ein Personalberater ist auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung zur Verschwiegenheit bei Diskriminierungen seines Auftraggebers verpflichtet. Verstößt er gegen diese Pflicht, muss er Schadensersatz leisten. Den Arbeitgeber trifft aber ein erhebliches Mitverschulden.

Mit Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 8. Mai 2014 (16 U 175/13) wurde ein Personalberater verurteilt, an seinen früheren Auftraggeber Schadensersatz in Höhe von € 3.684,97 zu leisten, weil er seine Verschwiegenheitspflicht gegenüber einer Bewerberin verletzt hat. Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die klagende Arbeitgeberin beauftragte im Juni 2012 einen Personalberater mit der Suche einer geeigneten Person für die Besetzung einer Stelle. Der Personalberater kam dieser Aufgabe unter anderem dadurch nach, dass er der Arbeitgeberin die Bewerbungsunterlagen einer bestimmten Frau übermittelte. Daraufhin wurde ihm per E-Mail mitgeteilt, dass der Geschäftsführer der Arbeitgeberin die Besetzung der Stelle mit einem Mann wünsche.

Später endete der Vertrag zwischen dem Personalberater und seinem Auftraggeberin im Unfrieden. Danach unterrichtete der Personalberater besagte Frau darüber, dass der Geschäftsführer der Klägerin keine Frau einstellen wolle; zugleich bezeichnete er das Verhalten als skandalös und als eine Diskriminierung im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes. Schließlich riet er ihr, sich an einen Rechtsanwalt zu wenden und leitete die E-Mail der Arbeitgeberin an sie weiter. Diese führte daraufhin ein arbeitsgerichtliches Verfahren gegen die Arbeitgeberin wegen eines Verstoßes gegen § 7 Absatz 1 AGG. In diesem Verfahren schloss die Arbeitgeberin mit der Bewerberin einen Vergleich über eine Entschädigung in Höhe von 8.500,00 €. Diese begehrte nun vom Personalberater Ersatz dieses Betrags sowie der ihr entstandenen Anwaltskosten.

Hätte der Personalberater die Diskriminierung vertraulich behandeln müssen?

Das Landgericht Frankfurt a. M. hatte sich mit Urteil vom 20. August 2013 (2-5 O 109/13) auf die Seite des Personalberaters gestellt und die Klage abgewiesen. Zwar habe er gegen eine bestehende Verschwiegenheitspflicht verstoßen, jedoch dürfe niemand darauf vertrauen, dass Verstöße gegen das AGG vertraulich behandelt würden. Denn es gebe ein anerkennenswertes Interesse der Allgemeinheit an der Offenlegung solcher Vorgänge. Effektive Schutzgewährung könne nur dann erfolgen, wenn ein sogenanntes „whistleblowing“ hinsichtlich der häufig geheim gehaltenen Diskriminierung nicht sanktionslos bleibe. Andernfalls würde das gesetzgeberisch unerwünschte Ziel die Folge sein, dass tatsächlich nicht der Diskriminierende die Entschädigungsleistung zu zahlen habe, sondern der Anzeigende.

Nun ja: Auf den ersten Blick gab der Sachverhalt Anlass zu der Vermutung, dass es eher unlautere Motive des Personalberaters gewesen waren, die ihn zu seinem Verrat antrieben. Das Landgericht machte aus ihm jedoch zu einer Art Edward Snowden der Gleichbehandlung.

Diskriminierung rechtfertigt keinen Geheimnisverrat

Das OLG Frankfurt am Main benötigte diese stark von moralischer Wertung geprägte Argumentation nicht:

Auch wenn dieser Schaden grundsätzlich regressfähig ist, bedeutet dies nicht, dass der Beklagte in voller Höhe zu haften hätte. Vielmehr hat der Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens der Klägerin nur 1/3 des der Klägerin entstandenen Schadens zu tragen, § 254 Absatz 1 BGB.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Schaden zwar dadurch eingetreten ist, weil der Beklagte gegen seine Verschwiegenheits- und Treuepflicht verstoßen und damit die Inanspruchnahme der Klägerin veranlasst hat; die Klägerin hat aber die wesentliche Ursache für den ihr entstandenen Schaden gesetzt, indem sie es war, die den Verstoß gegen das AGG begangen hat. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, die dem § 254 BGB zugrunde liegen, kann die Klägerin deshalb nicht vollen Ersatz des erlittenen Schadens verlangen; vielmehr ist es gerechtfertigt, die Klägerin überwiegend haften zu lassen. Auf der anderen Seite war der Beitrag des Beklagten für den Eintritt des Schadens bei der Klägerin nicht so gering, dass er vollständig zurücktreten würde. Der Senat erachtet deshalb eine Haftungsquote von 1/3 zu 2/3 zulasten der Klägerin als angemessen.

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