Sportrecht | 20.10.2013

Das Phantomtor vom Kraichgau – Hoffenheim gegen Leverkusen

Endlich gibt es in der Fußball Bundesliga wieder etwas Wichtiges zu diskutieren. Hätte der Chip im Ball dieses Phantomtor verhindert? Wohl kaum. Oder doch? Der von der FIFA gewählte Technikanbieter behauptet das Gegenteil. Die Diskussion ist müßig. Allerdings verwundert es schon, wenn auf der einen Seite der Schrei nach Technik immer größer wird, auf der anderen Seite jedoch der mächtige Deutsche Fußball Bund ohne die FIFA nicht klären kann, ob das Phantomtor vom Kraichgau zu einer Spielwiederholung führt oder nicht. 

Wörtlich äußertDr. Rainer Koch, zuständiger DFB-Vizepräsident für Rechts-und Satzungsfragen in einer Presseerklärung des Verbandes:„Dass ein solches Phantomtor als ungerecht empfunden wird, können wir alle absolut nachvollziehen. Der reflexartige Ruf nach einer Wiederholung des Spiels ist verständlich, aber wir wissen aus der Vergangenheit auch, wie sehr die FIFA die Tatsachenentscheidung eines Schiedsrichters schützt“ und erinnert an das nicht gegebene Tor der Engländer bei der WM 2010 gegen Deutschland. „Entscheidend ist für uns, welche Möglichkeiten uns die sportrechtlichen Statuten und Vorgaben überhaupt geben, denn letztlich ist die FIFA bei einer solchen Entscheidung maßgeblich.“ 

Nun, welche sportrechtlichen Statuten und Vorgaben sind hier maßgebend? 

Im Fußball beruht die Unanfechtbarkeit der Tatsachenentscheidung auf der den Schiedsrichter betreffenden Regel 5 der weltweit gültigen Spielregeln der FIFA. Sie lautet: „seine (des Schiedsrichters) Entscheidungen über Tatsachen, die mit dem Spiel zusammenhängen, sind endgültig. Er darf eine Entscheidung nur ändern, wenn er festgestellt hat, dass sie falsch war oder falls er es für nötig hält, auch auf einen Hinweis eines Schiedsrichter-Assistenten. Voraussetzung hierfür ist, dass er das Spiel weder fortgesetzt noch abgepfiffen hat.“ Ergänzt wird dieser Regel durch die so genannte Entscheidung 3 des International Football Association Board (IFAB), dessen Entscheidungen Normcharakter haben: „Zu den Tatsachen, die mit dem Spiel zusammenhängen, gehören auch das Ergebnis eines Spiels sowie die Entscheidung, ob ein Tor erzielt wurde oder nicht.“  

Tatsächlich intervenierte die FIFA bereits zweimal und wies den DFB an, die ursprüngliche Spielwertung aufrechtzuerhalten. Bekannt sind indes noch die Fälle „Neunkirchen“ und „Helmer“. Hier hatte der DFB jeweils auf Spielwiederholung entschieden, Die FIFA griff nicht ein. Im Fall Neunkirchen ging es um ein vergleichbares Phantomtor wie in Hoffenheim. Der Ball flog nach einem Schuss über das Außennetz in das Gehäuse. Der Schiedsrichter entschied auf Tor. Das DFB-Bundesgerichts argumentierte im Jahr 1979, dass der absolute Zwang, bei Offenkundigkeit eines Irrtums einer Tatsachenentscheidung dennoch hinnehmen zu müssen, die Regel V zur Farce der degradieren würde. Die sportrechtliche Literatur (Summerer, in Handbuch des Sportrechts) nennt das Aufbegehren gegen die FIFA denn auch mutig. Der Weltfußballverband  ist in jedem Fall außerordentlich skeptisch gegenüber dem Medium Fernsehen als Oberschiedsrichter

Konsequenz der immer wieder divergierenden Auffassung zwischen DFB und FIFA: Der  DFB musste auf Drängen der FIFA seine Statuten ergänzen. In der Rechts- und Verfahrensordnung heißt es demgemäß nunmehr, dass eine rechtskräftige Entscheidung der DFB Rechtsorgane, welche eine Spielwiederholung wegen eines spielentscheidenden Regelverstoß Schiedsrichters anordnet, zur abschließenden Beurteilung der FIFA vorgelegt wird. Der DFB muss also im wahrsten Sinne des Wortes und passend zum Fußballerjargon „vorlegen“. Die Vorlage verwerten muss dann die FIFA.

Ob und wie der Weltfußballverband wohl verwerten wird? Lassen wir uns überraschen. Spätestens jetzt wissen jedenfalls alle, wer die Hosen an hat. Warum heute aber im Fall Hoffenheim anders entschieden werden sollte, als 1979 im Fall Neunkirchen? On verra, sagt der Franzose, wir werden sehen …

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