Arbeitsrecht | 30.10.2014

BAG: Arbeit auf Abruf in Festbeschäftigung ist keine Vollzeitbeschäftigung

Mit Urteil vom 24. September 2014 – 5 AZR 1024/12 hat das Bundesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 20. Juni 2011 –10 Ca 378/10 bestätigt. Das hatte die Klage eines Kochs auf Zahlung von Entgeltdifferenzen abgewiesen. Die Parteien hatten nach Auffassung des Arbeitsgerichts Karlsruhe nämlich trotz einer „Festbeschäftigung“ keine Vollzeitbeschäftigung vereinbart.

1. Der Fall

Die Parteien hatten vertraglich unter anderem das Folgende vereinbart:

„Zwischen … wird gemäß dem geltenden Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Baden-Württemberg, sofern nicht nachfolgend anderes vereinbart ist, folgender

1 Jahres-Arbeitsvertrag abgeschlossen:

1. Anstellung und Probezeit

Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung ab dem 06.05.2009 bis zum 05.05.2010 als Koch eingestellt. (…)

2. Entgelt und Arbeitszeit

Es ist eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart. Der Brutto-Stundenlohn beträgt EUR 10,50 und ab Juli beträgt der Brutto-Stundenlohn EUR 11,50. Für Sonn- und Feiertagsstunden wird ein steuerfreier Zuschlag in Höhe von 50 % vergütet. Die Zahlung dieses Zuschlages erfolgt freiwillig. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung des Zuschlages wird auch bei wiederholter Zahlung nicht begründet. Im Stundenlohn sind neben der Grundvergütung auch die Teildienst- und Nachtzulage, Überstunden-Zuschläge, sowie zusätzliches Urlaubsgeld und die Weihnachtsgratifikation pauschal enthalten. Das Monats-Entgelt wird zum Anfang des nachfolgenden Monats per Verrechnungsscheck ausbezahlt. Die Höhe des Arbeitsentgeltes ist vertraulich zu behandeln. Gegenseitige Zahlungsansprüche, die nicht oder falsch in der Entgelt-Abrechnung berücksichtigt wurden, gelten als verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach ihrem Entstehen schriftlich geltend gemacht werden. Alle Kosten des Arbeitgebers für etwaige Lohnpfändungen trägt der Arbeitnehmer.“

Im Mai und Juni 2009 arbeitete der Kläger länger als die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte von 39 Stunden, blieb jedoch unterhalb der tariflichen monatlichen Höchstarbeitszeit von 198 Stunden arbeitete. In den darauf folgenden Monaten wurde der klagende Arbeitnehmer in geringerem Umfang eingesetzt. Nach Kündigung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber machte der Arbeitnehmer Entgeltdifferenzen auf Basis einer 48-Stunden-Woche geltend.

2. Der rechtliche Rahmen

Die Parteien stritten darum, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs weitere Vergütung schuldete. Entscheidend hierfür war die Frage, welchen Umfang die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hatte.

Der Arbeitnehmer vertrat hierzu die Auffassung, er hätte mit seinem Arbeitgeber einen Vollzeitarbeitsvertrag geschlossen. Bei dem Arbeitsvertrag handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 BGB und der Begriff „Festbeschäftigung“ dokumentiere den Willen der Parteien, eine Vollzeitbeschäftigung zu vereinbaren.

Das Landesarbeitsgericht Mannheim war dieser Auffassung gefolgt. Unter Hinweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. Oktober 2008 – 5 AZR 715/07 wandte es die Regel, wonach bei Fehlen einer Teilzeitvereinbarung im Zweifel ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werde, zu Gunsten des Arbeitnehmers an. Dem trat das Bundesarbeitsgericht entgegen:

3. Das Urteil

Ausgehend vom Wortlaut der Klausel haben die Parteien ausdrücklich keine Vollzeitbeschäftigung, sondern eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart. Die Bezeichnung der Beschäftigung als „fest“ dokumentiert zwar den Willen verständiger und redlicher Vertragspartner, dass innerhalb der zuvor in § 1 Satz 1 Arbeitsvertrag fixierten Dauer des Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer nicht nur gelegentlich zur Aushilfe, sondern stetig zur Arbeitsleistung herangezogen wird. Der Umfang der dabei zu leistenden Arbeitszeit ist aber offengelassen worden. Sie soll flexibel – also veränderlich – sein und sich nach den betrieblichen Erfordernissen – also dem Arbeitsanfall und dem Beschäftigungsbedarf – richten. Verbunden mit dem Fehlen jeglichen Hinweises auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit darf bei einer derartigen Klausel ein verständiger Arbeitnehmer redlicherweise nicht annehmen, es solle ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werden. Er muss vielmehr davon ausgehen, dass nicht nur die Lage, sondern auch die Dauer der Arbeitszeit variabel ist und die regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt des vereinbarten Beschäftigungsjahres unter der eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers bleibt, er also teilzeitbeschäftigt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 TzBfG) ist.

In diesem Verständnis der Klausel haben die Parteien das Arbeitsverhältnis auch gelebt. Der von der Beklagten gepflegten Heranziehung zur Arbeitsleistung hat der Kläger nach den für den Senat bindenden (§ 559 Abs. 2 ZPO) tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht widersprochen.

Für die vom Landesarbeitsgericht angewendete Regel, wonach bei Fehlen einer Teilzeitvereinbarung im Zweifel ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werde …, ist danach kein Raum.

4. Stellungnahme

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zutreffend. Der Umstand, dass die Parteien vertraglich eine „Festanstellung“ vereinbaren, dokumentiert zwar, dass mehr als eine Aushilfstätigkeit geschuldet ist. Zugleich haben die Parteien jedoch ausdrücklich eine „flexible Arbeitszeit“ vereinbart, so dass dem Arbeitnehmer bewusst sein musste, dass nicht nur die Lage, sondern auch die Dauer der Arbeitszeit flexibel ist.

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