Immobilienrecht | 28.10.2014
Verjährung der Darlehensbearbeitungsgebühren – zum heutigen Urteil des Bundesgerichtshofs
Darlehensbearbeitungsgebühren verjähren erst nach 10 Jahren
Der Anspruch auf Erstattung von Darlehensbearbeitungsgebühren, die Banken im Zusammenhang mit der Vergabe von Verbraucherdarlehen in Höhe von bis zu drei Prozent des Nettodarlehensbetrages erhoben haben, verjährt bei „Alt-Verträgen“, also Darlehensverträgen, die bereits vor 1. Januar 2011 geschlossen wurden, erst am 31. Dezember 2014.
Mit Urteilen vom 13. Mai 2014 hat der Bundesgerichtshof in den Verfahren XI ZR 405/12 und XI ZR 170/13 entschieden, dass Banken nicht berechtigt sind, Verbrauchern gegenüber bei Abschluss eines Darlehensvertrages gesonderte Darlehensbearbeitungsgebühren in Rechnung zu stellen. Die entsprechenden Klauseln in den Darlehensverträgen unterliegen nach Auffassung des BGH nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle und sind im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Mit diesen Urteilen sind die Richter des „Bankensenats“ am BGH von einer jahrzehntelangen gegenteiligen Auffassung, die von der Zulässigkeit der Darlehensbearbeitungsgebühren ausging, abgekehrt. Diese Darlehensbearbeitungsgebühren stellen nach der neuen Auffassung des BGH weder eine kontrollfreie Preishauptabrede für die vertragliche Hauptleistung noch als Entgelt noch eine Sonderleistung dar.
Damit war zunächst klar, dass alle Darlehensbearbeitungsgebühren, die nach 1. Januar 2011 bezahlt wurden, von den Banken zu erstatten waren. Denn nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre und beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB „mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.“
Unbeantwortet blieb seither die Frage, wann die Verjährung bei „Alt-Verträgen“ begonnen hat, die der BGH nun zu Gunsten der Verbraucher entschieden hat. Dabei war inzident zu entscheiden, was die „den Anspruch begründenden Umstände“ im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB sind. Eigentlich kommt es dabei lediglich auf die Kenntnis tatsächlicher Umstände an und ein Rechtsirrtum, hier der Irrtum des Verbrauchers über die Wirksamkeit der von ihm akzeptierten Vertragsklausel, ist regelmäßig nicht beachtlich, hindert also nicht den Beginn der Verjährung. Allerdings hat der Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom 3. März 2005 – III ZR 353/04 eine Ausnahme für den Fall, dass die Rechtslage unübersichtlich oder zweifelhaft, zugelassen.
An dieses Urteil schließt das heutige Urteil nahtlos an; den Verbrauchern war ein Vorgehen gegen die Darlehensbearbeitungsgebühren vor dem Jahr 2011 wegen der eindeutigen Rechtsprechung, die bis dahin vorherrschte, schlicht nicht zumutbar:
Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Nicht erforderlich ist hingegen in der Regel, dass er aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise kann aber die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag. Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht. In einem solchen Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn. Angesichts des Umstands, dass Bearbeitungsentgelte in „banküblicher Höhe“ von zuletzt bis zu 2 % von der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebilligt worden waren, war Darlehensnehmern vorliegend die Erhebung einer Rückforderungsklage erst zumutbar, nachdem sich im Laufe des Jahres 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen missbilligte. Seither musste ein rechtskundiger Dritter billigerweise damit rechnen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs künftig versagt werden würde.
Ausgehend hiervon sind derzeit nur solche Rückforderungsansprüche verjährt, die vor dem Jahr 2004 entstanden sind, sofern innerhalb der absoluten – kenntnisunabhängigen – 10jährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB vom Kreditnehmer keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind. (Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 153/2014 vom 28. November 2014)
Nun ist es Sache der betroffenen Darlehensnehmer, sich möglichst schnell um die Erstattung der Darlehensbearbeitungsgebühren aus „Alt-Verträgen“ zu kümmern. Denn die dreijährige Verjährungsfrist begann am 1. Januar 2012 und endet mit 31. Dezember 2014.