Mietrecht | 04.09.2014

BGH: Keine stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses bei Erhebung der Räumungsklage vor Fristablauf

Die stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach § 545 BGB findet nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht statt, wenn der Vermieter innerhalb von zwei Wochen nach Erlangung der Kenntnis, dass der Mieter den Gebrauch der Mietsache fortsetzt, Räumungsklage erhebt und die Klage „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO zugestellt wird.

Eine Einordnung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 10/14.

1. Der Fall

Der Beklagte ist der Sohn seiner Vermieterin und lebt seit Jahrzehnten im Einfamilienhaus seiner Mutter. Jedenfalls seit Sommer 2011 bestand eine Vereinbarung zwischen dem Beklagten und seiner Mutter, wonach er für die Nutzung bestimmter Räume eine monatliche Miete von 120 € zu bezahlen hatte. Mit Schreiben vom 5. Januar 2012 kündigte die Vermieterin ihrem Sohn unter Hinweis auf das Privileg des §§ 573a Abs. 2549 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Der Sohn zog nicht aus. Am 7. August 2012 erhob die Mutter Räumungsklage gegen Ihren Sohn; diese wurde am 22. September 2012 zugestellt. Der beklagte Mieter ist der Meinung, es habe eine stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit stattgefunden.

2. Der rechtliche Rahmen

Gemäß § 545 BGB erfolgt eine stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach Ablauf der Mietzeit auf unbestimmte Zeit, wenn nicht eine Partei des Mietvertrags innerhalb von zwei Wochen einen Widerspruch erklärt. Für den Vermieter beginnt diese Frist nach § 545 Nr. 2 BGB in dem Zeitpunkt, in dem er von der Fortsetzung des Gebrauchs der Mietsache durch den Mieter Kenntnis erlangt. Im zu entscheidenden Fall endete das Mietverhältnis mit Ablauf des Juli 2012. Bis zum Ablauf der Frist hatte die Vermieterin der Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht widersprochen. Der Bundesgerichtshof hatte nun darüber zu entscheiden, ob die Erhebung der Räumungsklage, die dem Mieter erst mehr als fünf Wochen nach Ablauf der Widerspruchsfrist zugestellt wurde, einem fristgerecht erhobenen Widerspruch gleichsteht und die stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses verhinderte.

3. Das Urteil

Ein … Widerspruch liegt in der am 7. August 2012 eingereichten und am 22. September 2012 dem Beklagten zugestellten Räumungsklage. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, ist die Klageschrift dem Beklagten ohne der Klägerin zuzurechnende Verzögerungen und deshalb „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO zugestellt worden. Dem Berufungsgericht ist insbesondere darin beizupflichten, dass die in § 167 ZPO angeordnete Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage auch für die Widerspruchsfrist des § 545 BGB gilt.

4. Stellungnahme

Dass ein Widerspruch gegen eine stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach § 545 BGB auch durch Erhebung einer Räumungsklage erhoben werden kann, entspricht ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Lehre. Dem kann auch nur zugestimmt werden, denn klarer als durch die Anrufung des Gerichts kann der Vermieter seinen der Fortsetzung des Mietverhältnisses entgegen stehenden Willen kaum zum Ausdruck bringen.

Ob die Vermieterin jedoch rechtzeitig, also innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 545 BGB, Widerspruch gegen die stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses, ausgesprochen hat, erscheint durchaus fraglich. Der Bundesgerichtshof folgt letztlich seiner recht großzügigen Rechtsprechung zu § 167 ZPO, nach der der Kläger auch dann alles Erforderliche für die unverzügliche Zustellung der Klage tut, wenn er den für die Zustellung der Klage erforderlichen Gerichtskostenvorschuss mit der Erhebung der Klage nicht einzahlt, sondern, dessen Anforderung durch das Gericht abwartet (BGH, Urteil vom 29. Juni 1993 – X ZR 6/93). Diese Großzügigkeit steht im Konflikt mit dem gesetzgeberischen Zwecke des § 545 BGB, nämlich einer zeitnahen Rechtsklarheit.

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