Sportrecht | 17.02.2017

Amtsgericht Karlsruhe

Schadensersatz wegen Verletzung nach Zweikampf im Frauenfußball?

Man glaubt kaum, was alles eine Meldung wert ist. So berichtet der Newsletter des renommierten Fachverlages Otto Schmidt zu vermeintlichen Besonderheiten im Frauenfußball was folgt (zum Newsletter):Bei Wettkämpfen mit beachtlichem Gefahrenpotenzial wie dem Fußballspiel, bei denen selbst bei Einhaltung der Regeln die Gefahr gegenseitiger Schädigung besteht, ist davon auszugehen, dass jeder Teilnehmer auch Verletzungen mit schweren Folgen in Kauf nimmt, die bei Ausübung nach den anerkannten Regeln der jeweiligen Sportart nicht zu vermeiden sind. Verletzt sich eine Spielerin beim Frauenfußball im Rahmen eines üblichen Zweikampfs, stehen ihr demzufolge keine Schadenersatzansprüche gegen die andere am Zweikampf beteiligte Spielerin zu.

Sachverhalt:


Die am Rechtsstreit beteiligten Spielerinnen trafen in einem im Juni 2015 ausgetragenen Bezirksligafrauenfußballspiel aufeinander. An dem Spiel nahmen die Klägerin als Mittelfeldspielerin des einen und die Beklagte als Torhüterin des gegnerischen Vereins teil. Wenige Minuten nach Spielbeginn gab die Klägerin im gegnerischen Strafraum einen Torschuss ab und wurde unmittelbar darauf durch einen Tritt der Beklagten am rechten Unterschenkel verletzt. Die Klägerin schied verletzt aus dem Spiel aus. Der Schiedsrichter erkannte nicht auf Foulspiel der Beklagten und ließ das Spiel fortsetzen.

Durch den Vorfall zog sich die Klägerin eine Unterschenkelfraktur zu, die notfallmäßig operiert werden musste. Komplikationen im weiteren Heilungsverlauf machten weitere Operationen erforderlich. Nach Darstellung der Klägerin bildete sich bei ihr aufgrund der Verletzung ein Kompartmentsyndrom aus, das eine traumatische Nervenverletzung zur Folge hatte, so dass sie noch heute sichtbar gehbehindert ist. Mit der Begründung, die Beklagte habe sie, die Klägerin, absichtlich mit gestrecktem Bein gefoult, nachdem sie einen aus dem Mittelfeld heraus geflankten Ball ins Tor geschossen hatte, verlangt die Klägerin von der Beklagten Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld von 50.000 €.

Die Beklagte bestreitet ein absichtliches Foulspiel. Im Kampf um den Ball sei sie, einen Sekundenbruchteil nachdem die Klägerin den Ball habe ins Tor spitzeln können, mit der Klägerin zusammengestoßen. Den Zusammenstoß habe sie nicht mehr verhindern können, weil sie und die Klägerin mit hoher Geschwindigkeit auf dem Ball zugelaufen seien.

Das LG wie die Klage ab. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem OLG ohne Erfolg. Das OLG wies die Parteien per Beschluss darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Klägerin hat die Berufung daraufhin zurückgenommen.

Die Gründe:


Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz.

Das LG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin sich die Verletzung bei einem sportlichen Wettkampf mit beachtlichem Gefahrenpotenzial zugezogen habe. Bei diesem bestehe typischerweise auch bei Einhaltung der Regeln oder bei geringfügigen Regelverletzungen die Gefahr gegenseitiger Schädigung. Daher sei davon auszugehen, dass jeder Teilnehmer Verletzungen, auch mit schwersten Folgen, in Kauf nehme, die bei einer regelkonformen Ausübung der Sportart nicht zu vermeiden seien. Eine Haftung komme deswegen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Regelwidrigkeit und beim Überschreiten der Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß in Betracht. Einen derartigen Regelverstoß der Beklagten habe die Klägerin in Bezug auf die von ihr erlittene Verletzung nicht beweisen können.

Der vom LG herangezogene der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechende – und auch im Männerfußball anzuwendende – rechtliche Bewertungsmaßstab ist nicht zu beanstanden. Es ist kein Grund ersichtlich, die Beweiswürdigung des LG vorliegend zu beanstanden. Den Zeugenaussagen ist zu entnehmen, dass die Klägerin anlässlich eines bei Fußballspielen üblichen Zweikampfs um den Ball verletzt worden ist. Keine Aussage lässt den Schluss zu, dass es der Beklagten in der Spielsituation allein darum gegangen ist, die Klägerin für ihren Torschuss regelwidrig zu bestrafen.

Kommentar:

Die besprochenen Entscheidungen bergen wahrlich nichts Neues. Die Differenzierung nach „Frauenfußball“ und „Männerfußball“ des „Urteilsbesprechers (oder der Urteilsbesprecherin?) lässt allenfalls schmunzeln. Manche(n) mag sie ärgern. Das ist nicht erforderlich. Eine böse Absicht wird nur die (oder der?) unterstellen, die Böses dabei denkt. „Honi soit qui mal y pense“, sagen der Franzose und die Französin (beschämt sei, wer schlecht darüber denkt).

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