Sportrecht | 07.07.2023

Landgericht Karlsruhe: Golfclub ist zur Herausgabe von Mitgliederlisten verpflichtet!

Fachanwalt für Sportrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht Dr. iur. Markus H. Schneider hat bereits zahlreiche Vereine oder Vereinsmitglieder in vereinsinternen Streitigkeiten erfolgreich vertreten. Besonders interessante Fälle oder Urteile veröffentlicht er regelmäßig, unter anderem  in der renommierten Fachzeitschrift „Sportrecht und E-Sportrecht in der Praxis – SpoPrax“. Nachfolgend auch ein Fall zum Anspruch eines Mitglieds auf Herausgabe von Mitgliederlisten gegen den Verein.

 

In der aktuellen Ausgabe vom 01.03.2023 disktutiert er zwei Verfahren vor dem Landgericht Karlsruhe, welche wir Ihnen in den nächsten beiden Blog-Artikeln vorstellen wollen.

Herausgabe von Mitgliederlisten - Sachverhalt

Die Klägerin ist Mitglied des beklagten Golfvereins ("Verein"). Der Verein ist zudem über einen sogenannten Kooperationsvertrag mit einer Aktiengesellschaft ("AG") verbunden, welcher die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Betrieb der Golfanlage und des Golfspiels zwischen Verein und AG regelt.

Nun kam es dazu, dass die Vorstände von Verein und AG einen neuen Kooperationsvertrag verhandelten und beschlossen, welcher die Rechte und Kompetenzen des Vereins und somit auch die Mitspracherechte der Vereinsmitglieder erheblich beschnitt. Eine Beteiligung der Mitglieder erfolgte indes nicht. Die Klägerin sah folglich die Zukunft des Vereins und seiner Mitglieder gefährdet und strebte die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung an, um über den neuen Kooperationsvertrag abzustimmen. Zugleich wollte Sie die Mitglieder über die Hintergründe des Vertrags informieren.

Um alle ca. 750 Mitglieder zu informieren und einzuladen, forderte die Klägerin den Verein also zur Herausgabe der Mitgliederlisten auf. Vergeblich. Der Verein wandte unter anderem ein, die Klägerin habe kein berechtigtes Interesse an der Herausgabe der Mitgliederlisten. Die Mitglieder seien ausreichend informiert worden. Außerdem könne die Klägerin bis zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung warten. Letztlich äußerte der Verein Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes.

Herausgabe von Mitgliederlisten - Entscheidungsgründe

Das Landgericht Karlsruhe gab der Klage auf Herausgabe der Mitgliederlisten folgerichtig statt:

(1) Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Herausgabe der Mitgliederlisten. Ein berechtigtes Interesse liege - wie vorliegend - immer dann vor, wenn es darum gehe, das nach der Satzung oder § 37 BGB erforderliche Stimmquorum zu erreichen. Anderenfalls könne ein Mitglied das wichtige Recht auf Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung nicht effektiv durchsetzen. Überdies entsprach der Grund der Einberufung der Mitgliederversammlung einer Angelegenheit, welche die Mitgliederversammlung etwas angehe / diese betriffe.

(2) Weiterhin stellte das Landgericht fest, dass kein überwiegendes Interesse des Vereins oder der Mitglieder an einer Geheimhaltung vorlag. Ein Recht auf Geheimhaltung der Mitgliedschaft in einem Verein bestehe generell nicht.

(3) Der Herausgabe der Mitgliederlisten stünden zudem keine datenschutzrechtlichen Gründe entgegen. Das Interesse der Vereinsmitglieder, anonym zu bleiben und nicht von einem anderen Vereinsmitglied kontaktiert werden zu können, überwiege im Rahmen einer Abwägung nicht: Die weiteren Vereinsmitglieder hätten sich freiwillig in die Gemeinschaft des Vereins, dessen Mitglied auch die Klägerin ist, begeben.

(4) Letztlich bedurfte es auch der Einschaltung eines Treuhänders nicht. Die Klägerin durfte die Herausgabe der Mitgliederlisten an sich selbst bzw. die Übermittlung der Listen in elektronischer Form verlangen.

Anmerkungen

Die Entscheidung ist sorgfältig begründet und in der Sache richtig. Die Berufung des beklagten Vereins war ohne Erfolg. Der Verein nahm die Berufung zurück, nachdem das OLG darauf hinwies, die Entscheidung des LG und die Auffassung der Klägerin seien richtig.

Nicht jedes Begehren rechtfertigt es den Vereinsmitgliedern, Einsicht in die Mitgliederdaten zu nehmen. Hintergrund muss letztlich eine Thematik sein, die eigentlich in eine Mitgliederversammlung gehört und nicht an den Mitgliedern vorbei geschehen darf. Wann dies der Fall ist, hängt vom Einzelfall ab. Ein Blick in die Satzung ist erforderlich. Vorständen ist zu raten, den Willen der Mitglieder gerade bei gravierenden Änderungen der Vereinsstruktur oder gar des Vereinszwecks nicht zu unterschätzen. Mitglieder wiederum dürfen nicht davon ausgehen, jedes Ärgernis über Entscheidungen des Vorstandes rechtfertigte die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung.

Das Urteil in der SpoPrax

Der Sachverhalt sowie die Urteilsgründe sind in diesem Blog kurz umrissen und vereinfacht dargestellt. In der SpoPrax finden Sie den ausführlichen Beitrag nebst Sachverhalt, Urteilsgründen und Kommentaren des Autors. Zugleich finden Sie eine weitere Entscheidung des Landgerichts Karslruhe, welche wir im nächsten Blog-Artikel vorstellen. Der Beitrag ist zudem einzeln über beck-online abrufbar.

Mit unserer Expertise im Sportrecht und Gesellschaftsrecht sind wir bei vereinsinternen Streitigkeiten Ihre kompetenten Ansprechpartner nicht nur in Karlsruhe und Umgebung!

Dr. Markus H. Schneider, Fachanwalt für Sportrecht und Fachanwalt für Handels und Gesellschaftsrecht, Karlsruhe, Zürich

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