Sportrecht | 31.05.2022
Sportrecht und Mietrecht
Das Sportrecht ist eine Querschnittsmaterie
Das Sportrecht ist eine Querschnittsmaterie. Vielfältige Schnittpunkte gibt es etwa mit dem Gesellschaftsrecht, insbesondere dem Vereinsrecht. Das Sportrecht hat Schnittstellen letztlich mit nahezu allen sonstigen Rechtsgebieten ... eben auch dem Mietrecht.
Sportrecht vs. Mietrecht
In der Regel wird Sport im Verein betrieben. Vereine mieten oder pachten ihre Sportgelände von Kommunen oder etwa privaten Vermietern. Geht beispielsweise ein Freizeitsportler etwa zum Tennisspielen in eine Tennishalle kommt gleichfalls ein Mietrechtsverhältnis zustande. Gibt es in diesem Kontext Auseinandersetzungen, geht es eben um Fragen des Mietrechtes.
Praktisch sehr relevant
Tatsächlich gibt es deshalb eine Reihe von praktisch relevanten Sachverhalten, die auch die Gerichte beschäftigen. Also hat die Sportrechtszeitschrift SpuRt jüngst eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 02.02.2022 veröffentlicht (SpuRt 2022, 191 – BGH Urteil 02.02.2022, Az: XII ZR 46/21 - Vorinstanz: OLG Celle, Urteil 27.05.2021, Az: 5 U 123/20 – rechtskräftig).
Sachverhalt der BGH Entscheidung
Die Klägerin ist Betreiberin einer Tennishalle. Der Beklagte war dort als Freizeitsportler zu Gast. Im Verlauf des Spiels prallte der Beklagte gegen eine Glasscheibe, die dadurch zerbrach. Die Hallenbetreiberin verlangte dementsprechend von dem beklagten Freizeitsportler Reparaturkosten und entgangenen Gewinn. Mit ihrer Klage war die Betreiberin der Halle in den Vorinstanzen indes nicht erfolgreich. Der BGH hat indes das klageabweisende Urteil des OLG aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Kern der Entscheidung des BGH
Im Kern dreht sich die Entscheidung des BGH letztlich um die Frage, ob sportrechtliche oder primär mietrechtliche Grundsätze zur Anwendung gelangen. Vorab: die mietrechtlichen Grundsätze überwiegen in dieser Fallkonstellation.
Sportrecht privilegiert die Sporttreibenden
Zwar hat das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend angenommen, dass die Haftung eines Sportlers aus § 823 Abs. 1 BGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Nachweis voraussetzt, dass dieser schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstoßen und dabei einen anderen verletzt hat. Dagegen scheidet eine Haftung aus, wenn es sich um Verletzungen handelt, die sich ein Sportler bei einem regelgerechten und dem – bei jeder Sportausübung zu beachtenden – Fairnessgebot entsprechenden Einsatz seines Gegners zuzieht. In einem solchen Fall hat sich der Schädiger jedenfalls nicht sorgfaltswidrig verhalten. Die Sorgfaltsanforderungen an den Teilnehmer eines Wettkampfs bestimmen sich nach den besonderen Gegebenheiten des Sports, bei dem sich der Unfall ereignet hat. Sie sind an der tatsächlichen Situation und den berechtigten Sicherheitserwartungen der Teilnehmer des Wettkampfs auszurichten und werden durch das beim jeweiligen Wettkampf geltende Regelwerk konkretisiert .
(vgl. BGH Urteil vom 27. Oktober 2009 – VI ZR 296/08 – NJW 2010, 537 Rn. 10 mwN)
Mietrecht ist jedoch strenger
Die sportrechtliche Privilegierung greift jedenfalls in dem zur Entscheidung gelangten Fall nicht. Weiter führt das höchste deutsche Zivilgericht aus:
Anders als das Berufungsgericht meint, können diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall auch im Ergebnis nicht übertragen werden, weil die Interessenlage zwischen Vermieter und Mieter nicht derjenigen zwischen zwei an einem Wettkampf teilnehmenden Sportlern vergleichbar ist. Denn Vermieter und Mieter stehen sich nicht wie Teilnehmer eines sportlichen Wettkampfs wechselseitig gegenüber. Durch eine Beschädigung der Mietsache verwirklicht sich keine Gefahr, die Vermieter und Mieter unter gleichen Bedingungen und gemeinsam in Kauf genommen haben. Vielmehr werden im Rahmen eines gewerblichen Mietverhältnisses die Verantwortungsbereiche von Vermieter und Mieter hinsichtlich einer Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache durch § 538 BGB abgegrenzt. Der Vermieter, der Schadensersatz für eine von § 538 BGB nicht gedeckte Beschädigung der Mietsache geltend macht, verhält sich nicht widersprüchlich.
Die Obhutspflichten des Mieters eines Tennisplatzes werden daher nicht allein durch die Tennisregeln der International Tennis Fédération (ITF) konkretisiert, die sich zudem – naturgemäß – nur mit den Spielregeln des Tennissports befassen und den berechtigten Erwartungen des Vermieters keine Rechnung tragen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann mithin ein Tennisspieler, der in einer Halle auf einem gemieteten Tennisplatz spielt, eine vom vertragsgemäßen Gebrauch des Tennisplatzes nicht gedeckte Beschädigung der Tennishalle auch dann zu vertreten haben, wenn ihm kein Verstoß gegen die Tennisregeln der International Tennis Fédération (ITF) anzulasten ist.
Fazit
Erstens: Sportrecht und Mietrecht treffen in der Praxis regelmäßig aufeinander. Zweitens: Die Fallkonstellationen sind vielfältig. Drittens: Die Beurteilung des Einzelfalls verlangt Kenntnisse in beiden Rechtsgebieten.
schneideranwälte
Unsere Kanzlei verfügt kurz gesagt in beiden Rechtsgebieten, im Sportrecht und im Mietrecht, über große Erfahrung und Qualität. Gerade dann, wenn sich die Rechtsgebiete überschneiden, profitieren unsere Mandanten davon. Auch aktuell vertreten wir sowohl Vereine, die mit ihren Verpächtern in unterschiedlichen Konstellationen in Auseinandersetzung geraten sind, als auch Sportler und Sportlerinnen, die Fragen zu den beiden Rechtsgebieten Fragen haben.
Rechtsanwalt Dr. Schneider ist seit über zehn Jahren Lehrbeauftragter für Sportrecht an der Universität Karlsruhe (KIT), Rechtsanwalt Schulze Steinen und Rechtsanwalt Joachim Muth verfügen zudem über den Fachanwaltstitel im Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Haben Sie oder Ihr Verein möglicherweise Fragen in diesem Kontext oder haben Sie generell ein rechtliches Anliegen? Rufen Sie und an uns vereinbaren einen Besprechungstermin. Wir freuen uns und helfen Ihnen gerne. Hier gelangen Sie zu unserer Homepage mit den relevanten Kontaktdaten.