Strafrecht | 30.04.2012

Schadensersatz für Schwerverbrecher?

Eine Entscheidung, die nicht jeder versteht

Was man in der Boulevardpresse zuletzt lesen konnte, sorgte für Unverständnis: Vergewaltiger und andere Schwerverbrecher bekamen vom Landgericht Karlsruhe Schadensersatz für erlittene Freiheitsentziehung zugesprochen. Seit wann bekommen rechtskräftig verurteilte Verbrecher Schadensersatz, wenn man sie einsperrt? Wie ist so etwas möglich? Und wo bleibt hier der Opferschutz?

Was auf den ersten Blick unverständlich erscheint, lässt sich bei genauerem Hinsehen erkären: Es geht hier zwar in der Tat um rechtskräftig verurteilte Schwerverbrecher. Diese hatten ihre Haftstrafe, zu denen sie verurteilt waren, allerdings längst abgesessen. Trotzdem waren sie nicht in die Freiheit entlassen worden. Sie waren vom Staat vielmehr im Anschluss an die verbüßten Haftstrafen noch in Sicherungsverwahrung eingesperrt worden, weil er sie immer noch für gefährlich hielt. Für diesen zusätzlichen Freiheitsentzug fehlte es allerdings an einer Rechtsgrundlage.

Mit anderen Worten: die Ex-Häftlinge wurden weiter gefangen gehalten, obwohl kein Gesetz dies erlaubte. So etwas ist in einem Rechtsstaat nicht erlaubt. Die Betroffenen waren deshalb logischerweise freizulassen. In Deutschland gibt es zudem sogenannte Amtshaftungsansprüche. Demnach hat jeder, also auch ein ehemaliger Häftling, Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Staat, wenn ihm durch dessen Fehlverhalten ein Schaden entstanden ist. Hierzu gehören eben auch Ersatzansprüche für unberechtigte Freiheitsentziehung.

Zum Thema Opferschutz sei nur so viel gesagt: Bei den Ansprüchen der Ex-Häftlinge geht es zunächst um deren Schäden, die sie durch die unberechtigte Freiheitsentziehung erlitten haben. Über einen „Umweg“ können diese Ersatzansprüche aber auch den Opfern der Verbrecher zukommen. Die Verbrechensopfer werden Ihrerseits nämlich in der Regel Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegenüber den Verbrechern haben. Es ist leider denkbar, dass ein Verbrechensopfer mit seinen Ansprüchen gegenüber seinem Schädiger – also dem Verbrecher – zunächst ins Leere gegangen ist, weil beim inhaftierten Verbrecher schlicht und einfach nichts zu pfänden war. Wenn der Verbrecher durch die staatlichen Ersatzzahlungen plötzlich zu Geld gelangt, kann das Opfer seine Schadensersatzansprüche am Ende möglicherweise doch noch gegenüber seinem Schädiger durchsetzen. Dann hätten die Haftungsansprüche der Verbrecher gegenüber dem Staat im Ergebnis sogar für die eigentlichen Opfer noch etwas Gutes.

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