Wirtschaftsrecht | 24.01.2015
Rechtsanwalt oder Inkassounternehmen?
Natürlich Rechtsanwalt! Ende des Beitrages.
Stopp, nicht ganz so einfach.
Was versteht man denn überhaupt unter Inkasso? Wikipedia definiert Inkasso unter dem Schlagwort Inkassounternehmen als „gewerbsmäßige Einziehung von Forderungen“. Nach § 2 Absatz 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) liegt eine Inkassodienstleistung vor, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird.
Inkassounternehmen müssen sich durchaus einem Registrierungsverfahren unterziehen, müssen Sachkunde nachweisen, können unter bestimmten Voraussetzungen die erteilte Erlaubnis entzogen bekommen und verhalten sich bei Verstößen gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz ordnungswidrig. Die einschlägigen Regeln finden sich eben im RDG, in der Verordnung zum RDG sowie im Einführungsgesetz zum RDG. Seit 2008 dürfen registrierte Inkassounternehmen zudem gemäß § 79 Absatz 2 Ziffer 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) Personen in Mahnverfahren und sogar in in bestimmten Fällen in Zwangsvollstreckungsverfahren vertreten.
Na, dann ist doch alles gut. Für was denn noch Anwälte bei der Geltendmachung von Geldforderungen? Ich darf von der Homepage der Bundesrechtsanwaltskammer zitieren:
‚Der Rechtsanwalt ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege‘, heißt es im ersten Paragraphen der Bundesrechtsanwaltsordnung. Dieser kurze Satz beschreibt prägnant die besondere Stellung der Rechtsanwaltschaft in unserem Rechtsstaat: Der Rechtsanwaltsberuf ist kein Beruf wie jeder andere. Mit ihm sind besondere Rechte, aber auch besondere Pflichten verknüpft.
Eine der zentralen Eigenschaften des Rechtsanwaltes ist die Unabhängigkeit. Nur sie gewährleistet, dass der Rechtsanwalt gleichrangig und gleichberechtigt neben den anderen Organen der Rechtspflege (Richtern und Staatsanwälten) seine Aufgaben im Rechtsstaat erfüllen kann.‘
Diese nicht hoch genug einzuschätzende Unabhängigkeit ist – wenn man es so ausdrücken möchte – teuer erkauft. Dahinter steht eine sehr anspruchsvolle, langjährige Ausbildung, mit Zusatzqualifikationen, etwa einer Dissertation (Dr.) oder einer Fachanwaltschaft. Da gehen bis zu zehn Jahre ins Land, nicht zu vergessen die dauernde Fortbildungspflicht. Auch im Übrigen unterliegt der Anwaltsberuf ständiger, strenger gesetzgeberischer Überwachung.
Dass die anwaltliche Dienstleistung eine andere Qualität aufweist, ja aufweisen muss, versteht sich von selbst. Inkassounternehmen verwalten Ihre Forderung, Anwälte vertreten Ihre Rechte. Das ist ein erheblicher Unterschied. Gewiss, Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen können den Erfolg nicht garantieren. Hat der Schuldner kein Geld, ersetzt Ihnen der Anwalt den Verlust nicht. Er kann sie aber weiter beraten und verhilft ihnen dann doch zum Erfolg oder wenigstens zu Rechtsfrieden, so heißt das, wenn man in rechtlicher Sicht mit einer Sache endgültig abschließt. Und Rechtsfrieden ist nahezu unbezahlbar. Denken Sie einmal darüber nach. Billiger ist das Inkassounternehmen im Übrigen nicht unbedingt. Schon gar nicht, wenn – wie sehr oft – dann doch der Anwalt beigezogen werden muss.
Häufig stellen Mandanten die Frage, „Was würden Sie in meiner Situation machen?“ Bei der Abwägung Rechtsanwalt oder Inkassounternehmen gibt es da nur eine Antwort: „Rechtsanwalt!“
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