Wohnungseigentumsrecht | 07.03.2014

Mobilfunkantenne auf Dach der WEG: Wer muss zustimmen?

Die Errichtung einer Mobilfunkantenne auf dem Dach einer Wohnungseigentümergemeinschaft stellt eine nachteilige bauliche Veränderung i. S. d. §§ 22 Abs. 1 , 14 Nr. 1 WEG dar, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf.

Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24.01.2014, Az. V ZR 48/13 entschieden.

In dem zu entscheidenden Fall beschlossen die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) mehrheitlich, einem Unternehmen durch Vertrag zu gestatten, auf dem Dach der WEG eine Mobilfunkantenne zu errichten und zu betreiben.

Die klagende Wohnungseigentümerin war hiermit nicht einverstanden und erhob Anfechtungsklage.

Zu Recht?

Ja – der Bundesgerichtshof (BGH) weist die Revision der beklagten, übrigen Wohnungseigentümer zurück und bestätigt die Entscheidung des Landgerichts.

1.

Zunächst einmal „liege es auf der Hand“, dass es sich bei der Errichtung der Mobilfunkantenne um eine bauliche Veränderung i. S. v. § 22 Abs. 1 WEG handle. Ebenso liege auf der Hand, dass die Mobilfunkantenne weder eine modernisierende Instandsetzung, noch eine Modernisierung des Gemseinschaftseigentums darstelle, die mit einfacher Mehrheit beschlossen werden könnten.

Dies gelte sowohl für eine – nicht völlig unerhebliche – Erweiterung einer bereits vorhandenen Mobilfunkantenne, als auch erst Recht – wie im vorliegenden Fall – für die erstmalige Errichtung einer Mobilfunkantenne.

2.

Die Errichtung der Mobilfunkantenne sei auch nachteilig i. S. v. § 14 Nr. 1 WEG und bedürfe deshalb der Zustimmung aller (betroffenen) Wohnungseigentümer.

a.

Nachteilig sei dabei nach der Rechtsprechung des Senats jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Diese müsse zwar konkret und objektiv sein. Eine erhebliche Beeinträchtigung sei aber nicht erforderlich; lediglich ganz geringfügige Beeinträchtigungen würden außer Betracht bleiben. Entscheidend sei, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen könne.

b.

Die Errichtung der Mobilfunkantenne sei nachteilig in obigem Sinne.

Auf der Grundlage des allgemeinkundigen wissenschaftlichen Streits um die von Mobilfunksendeanlagen ausgehenden Gefahren und der daraus resultierenden Befürchtungen in weiten Teilen der Bevölkerung bestehe zumindest die ernsthafte Möglichkeit einer Minderung des Miet- oder Verkaufswerts von Eigentumswohnungen.

Dass die Vermietbarkeit und Verkäuflichkeit von Eigentumswohnungen durch eine Mobilfunkantenne  gegenüber Objekten ohne solche Einrichtungen erschwert sein könne, stelle eine Beeinträchtigung dar, die ein verständiger Wohnungseigentümer nicht zustimmungslos hinnehmen müsse.

c.

Der Rückgriff von § 22 Abs. 1 WEG auf den Maßstab des § 14 Nr. 1 WEG solle sicherstellen, dass das Recht jedes Wohnungseigentümers, auf Entscheidungen über bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums durch das Zustimmungserfordernis maßgebend Einfluss zu nehmen, grundsätzlich gewahrt bleibe. In diese aus dem Eigentum fließende Befugnis dürfe nur eingegriffen werden, soweit Wohnungseigentümer von der Maßnahme gar nicht oder nur ganz geringfügig betroffen sind.

Fazit:

Eine praxisrelevante Entscheidung des BGH und zwar u.a. aus folgenden Gründen:

Einerseits kann die Vermietung von Dachflächen zur Errichtung einer Mobilfunkantenne eine lukrative Einnahmequelle für die WEG sein. Sind hiermit nicht alle Wohnungseigentümer einverstanden, versiegt diese Einnahmequelle bevor sie erschlossen ist.

Andererseits ist bemerkenswert, dass der BGH eine bloße Befürchtung (!), die wissenschaftlich – also objektiv – noch nicht eindeutig verifiziert worden ist, für die Bejahung eines Nachteils i. S. v. § 14 Nr. 1 WEG ausreichen lässt.

Die aus verfassungsrechtlichen Gründen ohnehin tief anzusetzende Schwelle für die Bejahung eines Nachteils erscheint hierdurch noch weiter herabgesetzt.

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Ralf Schulze Steinen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

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