Arbeitsrecht | 06.05.2022

Arbeitsrecht und Religion: Freistellung am Zuckerfest?

Das islamische Fest des Fastenbrechens Ramazan Bayrami liegt ein paar Tage zurück. An diesem auch Zuckerfest genannten Tag feierten Muslime weltweit das Ende des Fastenmonats Ramadan. Es ist einer der wichtigsten Feiertage im Islam. Aber auch wenn schon vor mehr als zehn Jahren bundespräsidial festgestellt wurde, dass selbiger zu Deutschland gehört: Dem gläubigen Arbeitnehmer nutzt das nichts, er muss grundsätzlich arbeiten, als sei es ein gewöhnlicher Werktag. Doch ein fast unbekanntes Gesetz gibt ihm die Möglichkeit, wenigstens eine Freistellung am Zuckerfest zu erreichen. Leider gilt es nur für Beschäftigte der Verwaltung.

Feiertage sind Sache der Bundesländer

Auch in Deutschland gibt es einen Nationalfeiertag, der Tag der deutschen Einheit. Im Übrigen fallen die Regelungen zu den gesetzlichen Feiertagen in Deutschland in die Kompetenz der einzelnen Bundesländer. Und in keinem Bundesland hat der Gesetzgeber seither das Zuckerfest zu einem gesetzlichen Feiertag erhoben. Demgegenüber stehen bekanntermaßen eine ganze Reihe christlicher Feiertage. Und das hat gravierende Folgen: Der dem Christentum angehörige Arbeitnehmer kann in jedem Jahr an den Weihnachtsfeiertagen den Gottesdienst besuchen, ohne dabei von seinen arbeitsvertraglichen Pflichten gestört zu werden. Seinen Lohn bekommt er trotzdem, denn § 2 Absatz 1 EntgFG bestimmt:

Für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte.

Ganz anders ist es für den Arbeitnehmer, der dem Islam angehört: Da das Zuckerfest kein Feiertag in diesem Sinne ist, bleibt ihm nur die Möglichkeit, Urlaub zu nehmen, wenn er an diesem Tag nicht arbeiten möchte. Einen Anspruch auf bezahlte Freistellung wegen des Zuckerfestes hat er nicht. Ist der Arbeitnehmer in der Verwaltung beschäftigt, gibt man ihm in Baden-Württemberg immerhin die Möglichkeit auf einer unbezahlten Freistellung:

An jeweils einem Tag der religiösen Feiertage Opferfest, Fest des Fastenbrechens und Aschura haben Beschäftigte islamischen Glaubens das Recht, zum Besuch des Gottesdienstes vom Dienst oder von der Arbeit fernzubleiben.

§ 8 Partizipations- und Integrationsgesetz für Baden-Württemberg

Freistellung am Zuckerfest ohne Urlaub nehmen zu müssen

Nun gilt dieses Gesetz nur in Baden-Württemberg und nur für Angestellte von Behörden. Das ist anderswo nicht so. Beispielsweise enthält das Gesetz über die Sonn-, Gedenk- und Feiertage in Bremen einen entsprechenden Anspruch für alle Arbeitnehmer. Beschränkt ist dieser Anspruch lediglich von betrieblichen Notwendigkeiten, die bei rechtzeitiger Ankündigung aber nur selten gegeben sind.

Mit guten Argumenten lässt sich übrigens auch für anderweitig beschäftigte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg ein Freistellungsanspruch für islamische Feiertage begründen. Die Religionsfreiheit des Arbeitnehmers ist schließlich in Artikel 4 GG geschützt. Regelmäßig dürfte der Anspruch des Arbeitgebers auf Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer durch dieses Grundrecht beschränkt sein. Gut ist es, wenn der Arbeitgeber dafür uneingeschränktes Verständnis hat. Andernfalls müssen und können Arbeitnehmer ihren Freistellungsanspruch gerichtlich im Wege einer einstweiligen Vefügung geltend machen.

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