Arbeitsrecht | 02.08.2018

Betriebliche Übung: Schrecken der Arbeitgeber

Im Grunde kennen (und fürchten) fast alle Arbeitgeber das Rechtsinstitut betriebliche Übung. Dennoch unterlaufen ihnen in der Praxis immer wieder Fehler mit bedeutenden Folgen. Wir geben Ihnen im Folgenden einen kurzen Überblick:

Betriebliche Übung – Definition des BAG

Die betriebliche Übung ist Gegenstand Dutzender Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts. Die über die Jahrzehnte nur in Nuancen abweichende Formulierung lautet:

Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden.

Dogmatisch folgt des BAG der so genannten Vertragstheorie. Sie besagt, dass der Arbeitgeber mit seinem wiederholten, gleichförmigen Verhalten dem Arbeitnehmer stillschweigend vorschlägt, den bestehenden Arbeitsvertrag abzuändern. Das Gefährliche daran ist, dass es für die Rechtsprechung nicht darauf ankommt, ob der Arbeitgeber sich verpflichten wollte. Entscheidend ist lediglich, ob der Arbeitnehmer aus seiner Sicht das Verhalten des Arbeitgebers als Änderungsangebot verstehen konnte beziehungsweise durfte. Hier lauert für den Arbeitgeber die Gefahr: Er möchte seinen Arbeitnehmern etwas Gutes tun und muss sich zugleich vorsehen, dass daraus keine Pflicht wird. Übrigens muss der Arbeitnehmer auch gar nicht reagieren, damit sich der Vertrag ändert. § 151 BGB regelt, dass ein Vertragsangebot, dass ausschließlich für seinen Empfänger günstig ist, auch ohne dessen Annahmeerklärung zustandekommt.

Inhalt einer betrieblichen Übung

Inhalt einer solchen Vereinbarung kann beinahe alles sein, was auch Gegenstand einer Regelung im schriftlichen Arbeitsvertrag sein könnte. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber die Tariflohnerhöhungen regelmäßig an seine Belegschaft weiterreicht. Das alleine genügt nicht für eine entsprechende betriebliche Übung, meinte das BAG zuletzt mit Urteil vom 19. Oktober 2011 – 5 AZR 359/10:

Bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber wird eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung … nur entstehen, wenn es deutliche Anhaltspunkte im Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will.

Auch bei der Mitnahme eines Hundes konnte sich der Arbeitnehmer vor dem LAG Düsseldorf nicht auf eine betriebliche Übung stützen. Im seinem Urteil vom 24. März 2014 – 9 Sa 1207/13 entschied es einen Fall, in dem der Arbeitnehmer über drei Jahre hinweg seinen (laut Sachverhalt dreibeinigen und aus Russland stammenden) Hund zur Arbeit mitbrachte. Der Arbeitgeber hatte dies zunächst zwar geduldet, aber die Kolleginnen und Kollegen der Klägerin hatten Angst vor dem Hund. Der Hund erhielt deshalb ein von dem Landesarbeitsgericht bestätigtes Hausverbot.

Schließlich kommt eine betriebliche Übung auch im öffentlichen Dienst nicht leicht zustande. Da öffentliche Arbeitgeber regelmäßig nicht berechtigt sind, Ausgaben ohne Haushaltsermächtigung zu tätigen, muss der Arbeitnehmer im Zweifel annehmen, es handele sich um einen Irrtum des Arbeitgebers.

Der Klassiker: Weihnachtsgeld

Freiwillige jährlich gewährte Sonderzahlungen wie das Urlaubsgeld oder das Weihnachtsgeld sind der Klassiker der betrieblichen Übung. Hier sind die Bedingungen seit Jahrzehnten festgelegt: Die Pflicht des Arbeitgebers entsteht, wenn solche Zahlungen in drei aufeinander folgenden Jahren in gleicher Höhe vorbehaltlos gewährt werden.

Vermeidung einer betrieblichen Übung

Am 16. August 2018 erläutern wir an dieser Stelle wie Sie eine betriebliche Übung vermeiden können.

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