Arbeitsrecht | 29.10.2018

Ersatzurlaub – wenn der Arbeitgeber den Urlaub nicht gewährt

Auch wenn es in vielen Unternehmen eine andere Praxis gibt: Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden.

So eindeutig steht es in § 7 Absatz 3 Satz 1 BUrlG. Gibt es dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe, kann der Urlaub noch bis 31. März des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Was passiert jedoch, wenn der Arbeitgeber auch bis zu diesem Zeitpunkt den Urlaub nicht gewährt? Eine Selbstbeurlaubung des Arbeitnehmers ist keine gute Idee, meinte schon das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 16. März 2000 – 2 AZR 75/99:

Unentschuldigtes Fehlen und eine eigenmächtige Urlaubsnahme einer Arbeitnehmerin sind an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung … zu begründen.

Grundsätzlich möglich ist es, das Arbeitsgericht anzurufen und eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Das ist aber kompliziert und an besondere Voraussetzungen gebunden. Selbst wenn diese vorliegen, muss der Arbeitnehmer also einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragen Und das kostet wiederum Geld. Der Arbeitnehmer ist aber nicht schutzlos: Hat er rechtzeitig nach Urlaub gefragt, steht ihm nach dem 31. März ein Schadensersatzanspruch zu. Und dieser hat Urlaub in Form von Ersatzurlaub zum Inhalt.

Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers

Mit Urteil vom 26. Juni 1986 – 8 AZR 75/83 hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts das Urteil des Fünften Senats vom 5. September 1985 – 6 AZR 86/82 bestätigt. Dieser hatte festgestellt, dass die Erfüllung des Urlaubsanspruchs jedenfalls nach Ablauf des Übertragungszeitraums unmöglich im Sinne des § 275 Absatz 1 BGB wird. Hierfür habe der Arbeitgeber nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen einzustehen, weil er sich im Verzug befunden habe (§ 286 BGB). Der Arbeitgeber habe daher Schadensersatz zu leisten.

Ersatzurlaub als Schadenersatz

Inhalt des Schadensersatzanspruchs ist der so genannte Ersatzurlaub. Hat der Arbeitgeber den vom Arbeitnehmer rechtzeitig verlangten Urlaub nicht gewährt, wandelt sich verfallene Urlaubsanspruch gemäß §§ 275 Absatz 1, 4; 280 Absatz 1; 283 S. 1; 286 Absatz 1 Satz 1; 287 Satz 2; 249 Absatz 1 BGB in einen Schadensersatzanspruch um, der die Gewährung von Ersatzurlaub zum Inhalt hat. Ein Schadensersatz in Geld kommt nicht in Betracht. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, so gestellt zu werden, als sei der von ihm rechtzeitig geltend gemachte und vom Arbeitgeber nicht gewährte Urlaub nicht verfallen. Der Ersatzurlaubsanspruch ist somit auf den Fortbestand des Anspruchs auf bezahlte Freistellung unter den Bedingungen des BUrlG – ohne die Befristung – gerichtet (BAG 16.5.2017 – 9 AZR 572/16). Eine Abgeltung – im laufenden Arbeitsverhältnis – ist wegen § 7 Absatz 4 BUrlG auch in diesem Fall unzulässig.

Ersatzurlaub, juristisch ist das also ganz schön kompliziert, für den Arbeitnehmer ist es aber ganz einfach: Wenn er rechtzeitzig Urlaub beantragt, verfällt er auch nach dem 31. März des Folgejahres nicht.

ps. Am 17. November 2018 berichten wir in diesem Zusammenhang über eine neue Tendenz in der Rechtsprechung. Es wird über eine Obliegenheit des Arbeitgebers diskutiert, den Arbeitnehmer zur Beantragung von Urlaub aufzufordern. (LAG Berlin, Urteil vom 12. Juni 2014 – 21 Sa 221/14).

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