Arbeitsrecht | 10.03.2016

Schriftlich per Telefax reicht nicht – Abfindung weg!

Kündigungen und Aufhebungsverträge müssen im Arbeitrecht gemäß § 623 BGB schriftlich erfolgen. Das Bundesarbeitsgericht hatte jüngst zu entscheiden, ob diese Schriftform auch eingehalten ist, wenn der Arbeitnehmer – nach Abschluss eines entsprechenden Abwicklungsvertrags – dem Arbeitgeber sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis schriftlich per Telefax anzeigt.

Die Arbeitgeberin hatte im vorliegenden Fall ihrer Arbeitnehmerin ordentlich gekündigt. Die wiederum wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage. Vor dem Arbeitsgericht Freiburg schlossen die Parteien daraufhin einen Vergleich, der eine Beendigung des Arbeitsvertrags zum 28. Februar 2014 vorsah. Außerdem vereinbarte die Arbeitgeberin mit der Arbeitnehmerin:

Die Beklagte räumt der Klägerin das Recht zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ein. Die Klägerin wird ihr vorzeitiges Ausscheiden mit einer Ankündigungsfrist von drei Tagen, schriftlich, gegenüber der Beklagten anzeigen. Für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis verpflichtet sich die Beklagte, für jeden Kalendertag vorzeitigen Ausscheidens eine Sozialabfindung entsprechend den §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 70,00 Euro brutto je Kalendertag an die Klägerin zu bezahlen.

Rechtsanwalt kündigt schriftlich per Telefax

Die Arbeitnehmerin fand zum 1. Dezember 2013 ein neues Arbeitsverhältnis und informierte umgehend ihren Rechtsanwalt. Der Kollege schickte der Arbeitgeberin am 26. November 2013 ein Schreiben, mit dem er das Ausscheiden seiner Mandantin zum 30. November 2013 ankündigte. Das Problem: Das Schreiben wurde schriftlich per Telefax versand. Ein Orginal dieses Schreibens übersandte der Rechtsanwalt der Arbeitgeberin nicht.

Die Arbeitgeberin verweigerte der Arbeitnehmerin die vereinbarte Abfindung. Sie argumentierte, dass schriftlich per Telefax nicht schriftlich im Sinne von § 126 Absatz 1 BGB sei. Mit ihrer zweiten Klage begehrte die Arbeitnehmerin nun die Feststellung, dass sie auf Grund des Telefaxes ihres Rechtanwalts aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Nur wenn das Arbeitsgericht bestätigen würde, dass schriftlich per Telefax sein kann, hätte sie nämlich ihren Anspruch auf die Abfindung gewahrt.

Das von der Arbeitnehmerin erneut angerufene Arbeitsgericht Freiburg wies die Klage ab, denn bei dem Schreiben des Rechtsanwalts vom 26. November 2013 handele es sich um eine Kündigung, bei dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB zu beachten gewesen wäre. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg teilte diese Auffassung nicht und gab der Klage statt, ließ allerdings die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. Das hat mit Urteil vom 17. Dezember 2015 entschieden, dass die Revision begründet ist und die Berufung der Arbeitnehmerin zurückgewiesen. Schriftlich per Telefax genüge eben nicht.

BAG: Anzeige unterliegt Schriftformerfordernis

Bei der Anzeige der Arbeitnehmerin, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide, handele es sich um eine einseitige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis nach dem Willen der Erklärenden nach Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist von drei Tagen unmmittelbar beendet werden soll. Voraussetzung für das Vorliegen einer Kündigung im Sinne des § 623 BGB sei hingegen nicht, dass der Begriff „Kündigung“ benutzt wird. Lediglich im Hinblick auf die zum 28. Februar 2014 vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses stelle der gerichtliche Vergleich einen – nicht formbedürftigen – Abwicklungsvertrag dar.

Im Ergebnis hat die Arbeitnehmerin nun wegen der Verletzung des Schriftformerfordernis keinen Anspruch auf Zahlung der Sozialabfindung im Sinne von §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz. Gut denkbar ist jedoch, dass die Arbeitnehmerin einen entsprechenden Schadensersatzanspruch gegen ihren Rechtsanwalt hat. Der hätte wohl wissen müssen, dass schriftlich per Telefax nicht genügt.

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