Immobilienrecht | 24.08.2014

Musterwiderrufsbelehrung: Schutz durch § 14 Abs. 1 BGB-InfoV trotz Abweichung

Musterwiderrufsbelehrung beim Immobilienkredit – Widerrufsbelehrung der DKB

Eine von der Musterwiderrufsbelehrung der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV abweichende Widerrufsbelehrung der DKB (Deutsche Kreditbank AG) aus dem Jahr 2008 verstößt nach Auffassung des OLG Frankfurt am Main zwar gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Abweichung von der Musterwiderrufsbelehrung ist aber so gering, dass die sich trotzdem auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen kann.

1. Der Fall

Die Kläger haben Anfang 2008 eine Eigentumswohnung gekauft und zum Zwecke der Finanzierung dieses Kaufs ein Darlehen bei der DKB aufgenommen. Sie wurden von der Bank über Ihr Widerrufsrecht belehrt. Diese hatte sich dabei einer der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV bedient, die seinerzeit in der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung enthalten war. Allerdings war sie in geringem Umfang vom ursprünglichen Wortlaut abgewichen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte in seinem Urteil vom 7. Juli 2014 (23 U 172/13) darüber zu entscheiden, welche Folgen sich aus diesen Abweichungen im Wortlaut ergeben.

2. Der rechtliche Rahmen

Grundsätzlich kommt ein Vertrag durch zwei übereinstimmend darauf gerichtete Willenserklärungen zu Stande. Das Gesetz spricht von Antrag und Annahme, umgangssprachlich auch gerne Angebot und Annahme genannt. Ein Vertrag kommt in dem Augenblick zu Stande, in dem die Annahmeerklärung dem Vertragspartner zugeht.

Bei einem Verbraucherdarlehen nach §§ 491ff. BGB bestimmt das Gesetz, dass dem Verbraucher ab diesem Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein 14tägiges Widerrufsrecht zusteht. Die Bank hat den Verbraucher über dieses Widerrufsrecht gemäß Art. 246 Abs. 3 EGBGB zu belehren und die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor dem Verbraucher eine ordnungsgemäße Belehrung zugegangen ist.

Das ist die heutige Rechtslage, die jener aus dem Jahr 2008 ähnelt, seinerzeit fanden sich die Bestimmungen allerdings in der so genannten Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht (BGB-InfoV).

An die BGB-InfoV schloss sich unter anderem in der Anlage 2 eine Musterwiderrufsbelehrung an und § 14 Abs. 1 BGB-InfoV bestimmte, dass die Belehrung des gesetzlichen Anforderungen, insbesondere § 355 Abs. 2 aF genügt, wenn sie dieser Musterwiderrufsbelehrung entsprach. Seinerzeit enthielt diese Belehrung folgenden Hinweis:

„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“

Diese Belehrung wiederum hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28. Juni 2011 (XI ZR 349/10) für fehlerhaft gehalten:

„Unzureichend war die den Klägern erteilte Nachbelehrung jedenfalls hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist, über den der Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ebenfalls eindeutig zu informieren ist. Die von der Beklagten verwendete Formulierung, die Frist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, belehrt den Verbraucher, wie der Bundesgerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, nicht richtig über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist, weil sie nicht umfassend und zudem irreführend ist. Die Verwendung des Wortes „frühestens“ ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Er vermag ihr lediglich zu entnehmen, dass die Widerrufsfrist „jetzt oder später“ beginnen, der Beginn des Fristlaufs also gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, welche – etwaigen – weiteren Umstände dies sind.“

Auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV konnte sich die Bank in jenem Urteil nicht berufen, weil sie die Musterwiderrufsbelehrung nach Auffassung des Bundesgerichtshofs einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hatte und diese daher nicht in jeder Hinsicht der Musterwiderrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entsprach.

Auch die Widerrufsbelehrung, über die das Oberlandesgericht Frankfurt am Main nun zu urteilen hatte, entsprach nicht in jeder Hinsicht der Musterwiderrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV. Die DKB hatte zum einen in Satz 3 das Wort „Frist“ gegen das Wort „Widerrufsfrist“ ausgetauscht und zum anderen in der verwendete Belehrung bei der Passage zu den finanzierten Geschäften die Bezeichnung „der Darlehensgeber“ durch das Wort „wir“ mit den entsprechenden grammatikalischen Veränderungen ersetzt.

3. Das Urteil

Es handelt sich lediglich um den Austausch eines Wortes durch ein – zuvor auch in der Musterwiderrufsbelehrung im gleichen Sinne verwendetes – Synonym beziehungsweise die Verkürzung eines Wortes ohne jegliche sinntragende oder inhaltliche Auswirkung beziehungsweise Veränderung des Gehalts der Musterwiderrufsbelehrung sowie ohne jeden Einfluss auf den Informationsinhalt.

Auf die Abweichung bei dem Passus zu den finanzierten Geschäften kann es … schon deshalb nicht ankommen, weil es sich … nicht um ein verbundenes Geschäft handelt, so dass die dahingehende Widerrufsbelehrung gegenstandslos ist und ins Leere geht.

4. Stellungnahme

Die seitens des Bundesgerichtshofs angelegten Maßstäbe sind streng; er neigt zweifelsohne eher dazu, eine inhaltliche Bearbeitung einer anzunehmen. Dennoch ist dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main insoweit zuzustimmen, dass in dem Ersetzen des Wortes „Frist“ mit dem Wort „Widerrufsfrist“ keine inhaltliche Veränderung der Musterwiderrufsbelehrung liegt; die Argumente des Oberlandesgerichts überzeugen.

Ob es auf die Abweichung bei dem Passus zu den finanzierten Geschäften von vornherein nicht ankommt, erscheint indes fraglich. Immerhin hatte der Bundesgerichtshof im Urteil vom 28. Juni 2011 darauf hingewiesen, dass es ohne Belang sei, ob es sich bei dem von den Verbrauchern aufgenommenen Darlehen um ein verbundenes Geschäft handele, denn entscheidend sei vielmehr allein, dass die Bank den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterwiderrufsbelehrung bei der Abfassung ersichtlich einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen habe.

5. Hinweis

Lesen Sie auch hier die Besprechung einer Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts zu einer anderen von der Musterwiderrufsbelehrung abweichenden Widerrufsbelehrung.

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