Mietrecht | 29.12.2014

Alle Jahre wieder – die Schneeräumpflicht

Verunfallt ein Fußgänger auf einem vereisten öffentlichen Weg kann es für Immobilienbesitzer und Mieter unter Umständen teuer werden. Neben Schmerzensgeldansprüchen sind es vor allem die Kosten der Heilbehandlung und Verdienstausfälle, die als Schadensersatz durch den Verletzten beansprucht werden können. Darüber hinaus droht in Karlsruhe auch ein Bußgeld bis zu € 500,-. Dennoch stellen wir in unserer Beratungspraxis immer wieder fest, dass die öffentlich-rechtlichen Pflichten bei Vermietern und Mietern nicht oder doch nur sehr unscharf bekannt sind.

Grundsätzlich handelt es sich um eine Pflichtaufgabe der Gemeinden, die „Straßen [zu denen auch die Gehwege gehören] innerhalb der geschlossenen Ortslage einschließlich der Ortsdurchfahrten zu reinigen, bei Schneeanhäufungen zu räumen sowie bei Schnee- oder Eisglätte zu bestreuen“, so § 41 Abs. 1 StrG BW. Allerdings haben die Gemeinden entsprechend ihrer landesrechtlichen Ermächtigung diese Last flächendeckend den so genannten Straßenanliegern auferlegt. In Karlsruhe geschieht dies mittels der Satzung über das Reinigen, Räumen und Bestreuen der Gehwege vom 12. September 1989, in der letzten Fassung vom 29. Januar 2002 (Amtsblatt vom 1. März 2002).

Hiernach obliegt es den Eigentümern, Erbbauberechtigten und Besitzern von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße liegen oder von ihr einen Zugang haben, die Gehflächen werktags bis 7:30 Uhr, an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen bis 9:00 Uhr zu räumen und zu streuen. Sollte im Laufe des Tages Bedarf entstehen, ist unverzüglich erneut zu räumen und zu streuen und zwar bis 21:00 Uhr. Die Einzelheiten der Verpflichtung sind in der zitierten Stadtsatzung nachzulesen.

Es ist grundsätzlich möglich, diese Verpflichtung auf Wohnraummieter als vertragliche Nebenpflicht zu übertragen. Die gängigen Musterverträge enthalten derartige Regelungen, die in aller Regel auch wirksam sind. Umstritten ist allerdings die Frage, ob Mieter, die wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit diesen Pflichten nicht nachkommen können, von ihr befreit sind. Die überwiegende Rechtsprechung geht jedoch unter Hinweis auf die Tatsache, dass es sich nicht um eine höchstpersönliche Verpflichtung handelt, davon aus, dass der Mieter sich gegebenenfalls einer Hilfskraft bedienen muss.

Die Verteilung der Pflichten auf mehrere Parteien eines Wohnhauses bereitet in der Praxis oft ungeahnte Schwierigkeiten: Insbesondere die immer noch sehr weit verbreitete „Schneetafel“ führt im Schadensfalle häufig zu Unklarkeiten, weil im Nachhinein nicht feststellbar ist, welche Mietpartei gegen ihre Schneeräumpflicht verstoßen hat. Andererseits ist diese Verteilung, die ausschließlich an den tatsächlich ausgeführten Winterdienst anknüpft, am ehesten geeignet, wetterbedingte Ungleichheiten auszuschalten. Dies wurde in der Vergangenheit von verschiedenen Gerichten gefordert, was zur Folge hatte, dass ein zuvor festgelegter Winterdienstplan, keine wirksame Verpflichtung des Mieters begründen konnte, da dieser die Pflichten potentiell ungleich unter den Mietparteien verteilt.

In einem in diesem Zusammenhang immer wieder zitierten Urteil des Landgerichts Göttingen aus dem Jahr 1991 wurde jedenfalls eine individualvertragliche Vereinbarung der Schneebeseitigungspflicht des Mieters nach Winterdienstplan als wirksam erachtet. Unsere Kanzlei hat vor dem Amtsgericht Karlsruhe allerdings die Erfahrung gemacht, dass die Anforderungen an die Vermieter weniger hoch gesetzt waren und dass auch ein ohne vorangegangene individuelle Vereinbarung ausgehängter Winterdienstplan eine wirksame, weil zumutbare Verpflichtung des Mieters bewirkte. Dies scheint uns sachgerecht, weil die organisatorischen Hürden, die an den Vermieter gestellt werden, andernfalls überspannt werden.

Im Schadenfall ist der Vermieter jedoch immer darauf angewiesen, dass er genau darstellen und gegebenenfalls auch beweisen muss, wie er die Schneeräumpflicht geregelt und deren Durchführung überwacht hat.

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