Mietrecht | 12.12.2012

Zahlungsverzug des Mieters – BGH klärt hochumstrittene Rechtsfragen!

Zahlungsverzug des Mieters ist des Vermieters Leid – Der Bundesgerichtshof klärt hochumstrittene Rechtsfragen und stärkt erneut die Vermieterrechte!

Der Fall:

Wegen ständig zu geringer Mietzahlungen über einen Zeitraum von 14 Monaten (März 2008 – April 2009) entsteht Zahlungsverzug des Mieters in einer Höhe, die 2 Monatsmieten entspricht. Die  Vermieterin erklärt deshalb wegen des Zahlungsverzugs des Mieters die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Zwar gleicht der Mieter die Rückstände aus, er gerät aber kurze Zeit später erneut in Mietrückstand, dieses mal mit nur einer Monatsmiete. Neun Tage nach deren Fälligkeit erklärt die Vermieterin erneut die ordentliche Kündigung und erhebt Räumungsklage.

Zu Recht?

Die Probleme:

1. Bislang  war es in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der mietrechtlichen Literatur streitig, wie hoch ein vom Mieter verschuldeter Zahlungsrückstand sein und wie lange er angedauert haben muss, um eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Teilweise wurde vertreten, der die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug des Mieters regelnden Vorschrift des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB käme „allgemeingültige Bedeutung“ zu, weshalb auch eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs nur bei Vorliegen dessen Voraussetzungen in Betracht komme. Nach anderer Auffassung kam auch bei einem Zahlungsverzug des Mieters unterhalb der Schwelle des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine ordentliche Kündigung  in Betracht. Zwar war auch  innerhalb dieser Auffassung einiges streitig, die insoweit überwiegende Auffassung nahm aber eine zur ordentlichen Kündigung  berechtigende, nicht nur unerhebliche Pflichtverletzung i. S. d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB erst bei einem Rückstand von einer Monatsmiete und einer Verzugsdauer von mindestens einem Monat an.

2. Das BGB enthält mit § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eine den Mieter schützende Regelung im Zusammenhang mit der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Das Gesetz billigt dem Mieter eine sog. Schonfrist zu. Gleicht er sämtliche aufgelaufenen Mietrückstände bis spätestens zwei Monate nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruches, also nach Zustellung der Räumungsklage, vollständig aus, so tritt eine Heilung der Kündigung ein, d.h. diese wird unwirksam. Streitig war, ob diese Vorschrift entsprechend auf eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs anwendbar ist. Die wurde teilweise bejaht, andere verneinten eine analoge Anwendung.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet obige Meinungsstreitigkeiten mit Urteil vom 10.10.2012VIII ZR 107/12, wie folgt:

1. Der Ansicht, dass eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzug des Mieters nur bei Vorliegen eines Rückstands möglich sei, der auch zur fristlosen Kündigung berechtige, sei nicht zufolgen. Die fristlose Kündigung setze voraus, dass dem Vermieter unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung des Vertrags nicht bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist zugemutet werden könne. Demgegenüber knüpfe die ordentliche Kündigung an eine nicht unerhebliche Vertragsverletzung des Mieters an, die dem Vermieter die Lösung vom Vertrag nur unter Beachtung gesetzlicher oder vereinbarter Kündigungsfristen erlaube. Angesichts dieser unterschiedlichen Anforderungen an die fristlose und die ordentliche Kündigung bestehe kein Grund, die vom Gesetzgeber für die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug des Mieters  festgelegten Grenzen auf die ordentliche Kündigung zu übertragen. Allerdings müsse bei der Bewertung einer Pflichtverletzung als „nicht unerheblich“ die Dauer und die Höhe des Zahlungsverzugs berücksichtigt werden. Nicht jeder geringfügige oder nur kurzfristige Zahlungsverzug rechtfertige die Annahme einer nicht unerheblichen Pflichtverletzung. Es „erscheine“ dem Senat die Erheblichkeitsgrenze dann nicht überschritten, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteige und zudem die Verzugsdauer weniger als einen Monat betrage.

2. Eine analoge Anwendung der Schonfristregelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB auf eine wegen Zahlungsverzugs erklärte, ordentliche Kündigung komme mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. Der Zweck dieser Schutzvorschrift bestehe darin, in bestimmten Konstellationen eine schnelle Obdachlosigkeit des Mieters infolge einer fristlosen Kündigung zu vermeiden; eine solche Gefahr der Obdachlosigkeit bestehe angesichts der bei der ordentlichen Kündigung einzuhaltenden Kündigungsfrist aber nicht bzw. nicht in gleichem Maße.

Im Ergebnis gibt somit der BGH der Vermieterin Recht:

Zwar sei die zweite Kündigung mangels nicht nur unerheblicher Pflichtverletzung des Mieters unwirksam, jedoch läge diese Voraussetzung bezüglich der ersten Kündigung vor (oben 1.). Die erste Kündigung sei auch nicht durch nachträglichen Ausgleich der Mietrückstände geheilt worden (oben 2.).

Die Empfehlung:

Wiederum eine die Rechte der Vermieterseite stärkende Entscheidung des Bundesgerichtshofs, in deren Rahmen namhaften mietrechtlichen Kommentatoren und grundlos zu mieterfreundlichen Tendenzen eine klare Absage erteilt wird. Allerdings kann auch die Mieterseite „Honig aus dieser Entscheidung saugen“, denn bezüglich der Wirkungen einer rechtzeitigen Schonfristzahlung auf eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs deutet der VIII. Zivilsenat mehr als deutlich an, dass über die Vorschrift des § 242 BGB und den Einwand unzulässiger Rechtsausübung im Einzelfall Korrekturen zu Gunsten der Mieterseite möglich sind.

Zahlungsverzug des Mieters sollte nicht hingenommen werden. Ihr Ansprechpartner in diesem und allen anderen das Mietrecht betreffenden Fällen ist unser Partner

Ralf Schulze Steinen, Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht.

Ihre Nachricht

Ihre Nachricht wurde gesendet. Vielen Dank!

Sie erreichen und auch telefonisch unter +49 721 / 943114-0.

Bitte beachten Sie folgendes: Durch die Zusendung einer E-Mail kommt noch kein Mandatsverhältnis zustande. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir ohne vorherige Vereinbarung keine Rechtsberatung per E-Mail erteilen können und keine fristgebundenen und Frist wahrenden Erklärungen entgegennehmen. Die Datenübertragung per Internet ist risikobehaftet. Dies sollten Sie insbesondere bei der Übersendung vertraulicher Informationen bedenken. Sollten wir eine E-Mail erhalten, gehen wir davon aus, dass wir zu deren Beantwortung per E-Mail berechtigt sind.