Versicherungsrecht | 20.09.2024

Mehrfachversicherung und die Subsidiaritätsklausel im Versicherungsrecht

Im Versicherungsrecht tauchen immer wieder zwei Begriffe auf, die für Versicherungsnehmer von großer Bedeutung sind: die Mehrfachversicherung und die Subsidiaritätsklausel. Häufig begegnen den Versicherungsnehmern die Begriffe, weil die Versicherung die Schadensregulierung mit dem Verweis auf selbige ablehnt. Im folgenden Blog erklären wir, was genau sich hinter diesen Begriffen verbirgt und welche rechtlichen Konsequenzen sich für Versicherte daraus ergeben können.

Was ist eine Mehrfachversicherung?

Unter einer Mehrfachversicherung versteht man den Fall, dass eine Sache oder ein bestimmtes Risiko gleichzeitig bei mehreren Versicherern versichert ist. Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer für ein und dasselbe Risiko mehrere Versicherungsverträge abgeschlossen hat.

Ein klassisches Beispiel sind Gegenstände eines Mieters, die sowohl über eine private Hausratsversicherung als auch über eine Wohngebäudeversicherung des Vermieters gegen Schäden versichert sind. Die Mehrfachversicherung ist nicht etwa verboten, sondern sogar ausdrücklich im Gesetz (§ 78 VVG) normiert. Eine Mehrfachversicherung kann indes Komplikationen auf der Rechtsfolgenseite zur Folge haben, insbesondere dann, wenn eine Subsidiaritätsklausel im Versicherungsvertrag vereinbart ist.

Die Rolle der Subsidiaritätsklausel im Versicherungsrecht

Die Subsidiaritätsklausel ist eine Regelung, die verhindern soll, dass ein Versicherungsnehmer doppelt entschädigt wird. In fast allen Versicherungsverträgen findet sich für den Fall einer Mehrfachversicherung eine solche Klausel. Ein Beispiel für eine einfache Subsidiaritätsklausel kann beispielsweise lauten:

„Entschädigungen wird nur geleistet, soweit Entschädigung nicht aus einem anderen Versicherungsvertrag beansprucht werden kann.“

Eine solche - einfache - Subsidiaritätsklausel regelt also, welcher Versicherer im Fall einer Mehrfachversicherung primär leistungspflichtig ist. Im Wesentlichen bedeutet die Klausel: Bekommt der Versicherungsnehmer Geld von einer anderen Versicherung, zahlen wir nicht.

Zudem gibt es die sogenannte qualifizierte Subsidiaritätsklausel:

Der Versicherungsschutz unter diesem Vertrag besteht nur subsidiär zu anderweitigem Versicherungsschutz. Anderweitige Leistungspflichten gehen vor, wenn für dieselbe Gefahr noch bei einem anderen Versicherer Versicherungsschutz besteht

In dem Fall entfällt die Leistungspflicht des Versicherers bereits dann, wenn das Risiko anderweitig versichert ist - und zwar unabhängig davon, ob die andere Versicherung zahlen muss oder nicht. Dies kann dazu führen, dass ein Versicherungsnehmer überhaupt keinen Anspruch geltend machen kann.

Was passiert im Schadensfall einer Kollision von Subsidiaritätsklauseln?

Da die meisten Versicherungen eine Subsidiaritätsklausel in ihren Versicherungsvertragen vereinbaren werden, stellt sich die Frage, welche Versicherung zahlen muss, wenn sich beide auf ihre Subsidiaritätsklausel berufen.

Um beim vorherigen Beispiel zu bleiben: Ein Versicherungsnehmer (Mieter) hat eine Hausratsversicherung abgeschlossen und ist über die Gebäudeversicherung seines Vermieters ebenfalls versichert. Es besteht also eine Mehrfachversicherung. Entsteht nun ein Wasserschaden sind beide Versicherer grundsätzlich erstmal zur Leistung verpflichtet. Oft berufen sich nun beide Versicherer auf ihre Subsidiaritätsklausel und verweigern die Zahlung.

Für solche einfache Subsidiaritätsklauseln hat der BGH (Urteil vom 19.02.2014 - IV ZR 389/12) entschieden, dass sich diese gegeneinander aufheben. Danach kann der Versicherungsnehmer bei Mehrfachversicherung nach seiner Wahl eine der beiden Versicherungen in Anspruch nehmen. Im Innenregress kann sich die in Anspruch genommen Versicherung die hälftigen Kosten von der anderen Versicherung erstatten lassen.

Kollidieren zwei qualifizierte Subsidiaritätsklauseln, haftet keiner der Versicherer. Ob sich dies in der Zukunft ändert - etwa durch entsprechende Rechtsprechung des BGH - ist derzeit nicht absehbar.

Treffen eine einfache und eine qualifizierte Subsidiaritätsklausel aufeinandern, dann haftet der Versicherer mit der einfachen Subsidiaritätsklausel.

Mehrfachversicherungen / Subsidiaritätsklausel - Rechtsanwalt Versicherungsrecht

Sollten es zu Probleme mit der Schadensregulierung haben und die Begriffe Mehrfachversicherung oder der Subsidiaritätsklausel fallen, sollten Sie einen Rechtsanwalt für Versicherungsrecht konsultieren. In solchen Fällen wird zumeist folgendes geprüft:

  • ist der Schadensfalls überhaupt versichert?
  • liegt eine Mehrfachversicherung vor?
  • handelt es sich um eine einfache oder qualifizierte Subsidiaritätsklausel?
  • ist die Subsidiaritätsklausel wirksam / verständlich?

Mit unserer Erfahrung und Expertise im Versicherungsrecht prüfen wir zunächst, ob Ansprüche bestehen und setzen diese dann gegenüber der Versicherung durch.

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