Allgemeines Zivilrecht | 05.09.2023

Mahnbescheid gegen Minderjährigen wirksam zugestellt?

Wenn ein Mahnbescheid oder ein Vollstreckungsbescheid „hereinflattert“, ist der Schock zunächst groß. Doch was passiert, wenn ein Mahnbescheid gegen einen Minderjährigen ergeht, der dann auch noch an diesen zugestellt wird? Damit wollen wir uns im folgenden Blogartikel beschäftigen.

Mahnbescheid gegen Minderjährigen

Mahnbescheide gegen Minderjährige (oder auch Vollstreckungsbescheide) können wirksam ergehen. Grundsätzlich sind Minderjährige zwar über §§ 104 ff. BGB geschützt, da ihre Geschäftsfähigkeit eingeschränkt ist. Gleichwohl können sich Minderjährige - solange sie zwischen 7 und 18 Jahren alt sind - zur Zahlung verpflichten und Verträge schließen. Voraussetzung ist dafür, dass der Minderjährige die Leistung mit eigenen Mitteln erbracht hat ("Taschengeldparagraf") oder die Eltern zugestimmt haben.

Zahlt der Minderjährige trotz Verpflichtung nicht, kann gegen diesen selbstverständlich auch ein Mahnbescheid ergehen.

Mahnbescheid - Zustellung als Voraussetzung

Zur Wirksamkeit eines Mahnbescheids muss dieser aber wirksam zugestellt werden - vgl. § 693 ZPO. Bei einem Mahnbescheid gegen einen Minderjährigen bzw. der Zustellung gibt es allerdings eine Besonderheit. Gemäß § 170 Abs. 1 S. 2 ZPO ist die Zustellung an eine nicht prozessfähige Person unwirksam. Nach § 51 Abs. 1 ZPO ist der Minderjährige selbst nicht prozessfähig, weshalb an den gesetzlichen Vertreter zugestellt werden muss. Ist der Mahnbescheid also an den Minderjährigen versendet worden bzw. an diesen adressiert, liegt keine wirksame Zustellung vor. Achtung: Nehmen die Eltern dennoch Kenntnis von dem Mahnbescheid, indem sie diesen öffnen, gilt der Mahnbescheid dennoch als zugestellt!

Mahnbescheid - Widerspruchsfrist

Problematisch beim Mahnbescheid ist: Binnen zwei Wochen nach Zustellung muss Widerspruch erhoben werden - § 692 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Gleiches gilt für den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid. Wenn die Einspruchfrist abgelaufen ist, ist der Vollstreckungsbescheid wirksam und der Gläubiger hat einen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner in der Hand. Bei einem Mahnbescheid gegen einen Minderjährigen und einer - unterstellt - unwirksamen Zustellung stellt sich die folgende Frage: Beginnt die Widerspruchs- bzw. Einspruchfrist auch bei unwirksamer Zustellung zu laufen?

Mahnbescheid gegen Minderjährige - Rechtsprechung

Der BGH hat sich in zwei Urteilen -

  • BGH, Urteil vom 19.03.2008 - VIII ZR 68/07
  • BGH, Urteil vom 15.01.2014 - VIII ZR 100/13

mit der Frage beschäftigt, wie sich eine unwirksame Zustellung auf die Widerspruchs- bzw. Einspruchsfrist auswirkt. In den Verfahren ging es zwar nicht um Minderjährige, aber um andere prozessunfähige Personen (Demenz und Alkoholerkrankung). In beiden Verfahren lag die - unwirksame - Zustellung mehrere Jahre zurück. Die jeweiligen Einsprüche erfolgten daher nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist. Der BGH urteilte jedoch in beiden Verfahren überraschend zugunsten der Gläubiger. Eine unwirksame Zustellung setzt die Widerspruchs- bzw. Einspruchsfrist in Gang - ein überraschendes Ergebnis. Hauptargument war für den BGH jeweils die vermeintliche Rechtssicherheit. Bei einem Mahnbescheid gegen einen Minderjährigen wird und kann daher nichts anderes gelten.

Mahnbescheid gegen Minderjährigen - was tun?

Daher ist es äußerst wichtig, einen Mahnbescheid gegen einen Minderjährigen ernst zu nehmen. Auch wenn die Zustellung unwirksam ist, laufen - absurderweise - trotzdem Fristen. Daher sollten Sie im Idealfall einen Rechtsanwalt aufsuchen, der fristwahrende Maßnahmen ergreifen kann. Selbst wenn jegliche Fristen abgelaufen sein sollten, ist der Minderjährige nicht schutzlos. So besteht nach den obigen Urteilen des BGH die Möglichkeit die - äußerst seltene - Nichtigkeitsklage gemäß § 579 ZPO zu erheben.

Mit unserer Erfahrung und Expertise beraten wir Sie selbstverständlich in allen Bereichen der Zwangsvollstreckung und Forderungsabwehr.

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