Arbeitsrecht | 11.02.2022

Anspruch auf bEM? Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden!

Das Bundesarbeitsgericht hat im vergangenen September über eine lange diskutierte Frage des betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 167 Absatz 2 SGB IX entschieden: Hat der einzelne Arbeitnehmer einen Anspruch auf bEM? Nun liegt das Urteil vollständig vor und es fällt aus wie es von den meisten erwartet wurde.

Ziel des bEM: Unterstützung des Arbeitnehmers

Das betriebliche Eingliederungsmanagement hat einen recht klaren Zweck: Arbeitnehmer, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt sind, sollen Unterstützung erhalten. Sie sollen möglichst bald wieder arbeitsfähig werden und bleiben. Zu diesem Zweck loten Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam und oft mit einem Arzt aus, welche Leistungen und Hilfen der Arbeitnehmer eventuell benötigt. Der Arbeitgeber hat gegebenenfalls auch den zuständigen Rehabilitationsträger oder das Integrationsamt einzuschalten. Mit den Worten des Bundesarbeitsgerichtsheißt ist es

ein rechtlich regulierter verlaufs- und ergebnisoffener „Suchprozess“, der individuell angepasste Lösungen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit ermitteln soll.

BAG, Urteil vom 20. Mai 2020 – 7 AZR 100/19

Das bEM ist für den Arbeitnehmer also grundsätzlich eine prima Sache, aber manche Arbeitgeber scheuen es trotzdem wie der Teufel das Weihwasser.

Anspruch auf bEM: Muss der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement anbieten?

Das Gesetz schreibt das bEM vor, aber es ist seit Jahren umstritten, ob der einzelne Arbeitnehmer aus § 167 SGB IX Rechte herleiten kann, so dass er bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch auf bEM gegen den Arbeitgeber hat. Diese Frage hat das Bundesarbeitsgericht nun verneint. Das Gericht hat sich die sozialrechtlichen Regelungen genau angesehen und auch die europarechtlichen Grundlagen geprüft. Dass bei der Verneinung eines Individualanspruchs Rechtsschutzdefizite entstehen können, sieht das Gericht durchaus. Aber diese seien durch den Gesetzgeber offenbar bewusst in Kauf genommen worden.

Wann sollte der Arbeitgeber ein bEM anbieten?

Natürlich immer dann, wenn die Voraussetzungen vorliegen! Denn alles andere wäre ein Verstoß gegen eine gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers. Allerdings sanktioniert das Gesetz solche Verstöße nicht, jedenfalls nicht durch ein Bußgeld. Ein Verstoß gegen § 167 Absatz 2 SGB IX ist keine Ordnungswidrigkeit.

Dennoch kann der Arbeitgeber auch ohne Anspruch auf bEM großes Interesse daran haben, ein solches durchzuführen. Denn ganz folgenlos ist ein Gesetzesverstoß nicht immer: Insbesondere personenbedingten Kündigungen scheitern immer wieder daran, dass des bEM nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Geht es nämlich um gesundheitliche Einschränkungen des Arbeitnehmers, kann der Arbeitgeber sich im Kündigungsschutzprozess dann nicht darauf beschränken, vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den Arbeitnehmer und es gebe keine Arbeitsplätze, die dieser mit seinem Leistungsvermögen ausfüllen könne, oder es sei mit einer Verringerung von Fehlzeiten nicht zu rechnen. Auch ohne einen Anspruch auf bEM hat der Arbeitnehmer dann also gute Aussichten, den Prozess zu gewinnen. Auch das betont das Bundesarbeitsgericht in der hier besprochenen Entscheidung vom 7. September 2021. Vor allem im Bereich des Kündigungsschutzes hat das betriebliche Eingliederungsmanagement also große Bedeutung.

Weiterführende Informationen zum bEM

Umfassend informiert Sie übrigens die Homepage der Deutschen Rentenversicherung über das betriebliche Eingliederungsmanagement.

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