Arbeitsrecht | 15.04.2022

Betriebsschließung wegen CORONA – Arbeitnehmer bekommen kein Gehalt!

Arbeitnehmer bekommen keine Vergütung, wenn der Arbeitgeber wegen eines behördlichen Lockdowns seinen Betrieb schließen muss. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem vergangenen Oktober überraschte uns ein wenig. In Erfurt widersprach man damit einer Vielzahl von Instanzgerichten und letztlich auch dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Arbeitgeber dürfen nun etwas aufatmen: Der Grundsatz "Ohne Arbeit kein Lohn." gilt auch in Zeiten der Pandemie. Denn der Arbeitnehmer trägt das Risiko einer Betriebsschließung wegen CORONA.

615 Satz 3 BGB und die Lehre vom Betriebsrisiko

Die Lehre vom Betriebs- und Wirtschaftsrisiko geht auf eine Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zurück, die schon in den 1950er Jahren begann. 1980 urteilte das oberste deutsche Arbeitsgericht beispielsweise:

Richtig ist, dass der Arbeitgeber grundsätzlich das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko trägt. Das bedeutet, dass er den Lohn auch dann zahlen muss, wenn er die Belegschaft ohne sein Verschulden aus betriebstechnischen Gründen nicht beschäftigen kann (Betriebsrisiko) oder wenn die Fortsetzung des Betriebes wegen Auftrags- oder Absatzmangels wirtschaftlich sinnlos wird (Wirtschaftsrisiko). Dass wirtschaftliche Schwierigkeiten nicht von der Erfüllung vertraglicher Pflichten entbinden, versteht sich im Grunde von selbst. Aber auch für die technischen Betriebsstörungen kommt die herrschende Lehre mit unterschiedlicher Begründung zum gleichen Ergebnis. Auch das BAG ist im Anschluss an die Rechtsprechung des RAG stets von diesen Grundsätzen ausgegangen

BAG, Beschluss vom 22. Dezember 1980 - 1 ABR 2/79

Diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz seit 1. Januar 2002 in § 615 Satz 3 BGB aufgenommen. Dabei hat er allerdings keine allgemein gültigen Kriterien aufgestellt, die dem Rechtssuchenden erläutern, wann sich ein Betriebsrisiko verwirklicht.

Betriebsschließung wegen CORONA verwirklicht nicht das Betriebsrisiko

In der Entscheidung des BAG aus dem vergangenen Oktober schaute man sich den Sachverhalt genau an. Der dortige Arbeitgeber betrieb einen Handel mit Nähmaschinen und Zubehör in Bremen. Im April 2020 musste er seinen Betrieb schließen. Er war nämlich von der Allgemeinverfügung über das Verbot von Veranstaltungen, Zusammenkünften und der Öffnung bestimmter Betriebe zur Eindämmung des Coronavirus“ der Freien Hansestadt Bremen vom 23. März 2020 betroffen. Die Richterinnen und Richter des Fünften Senats kamen zu dem Ergebnis, dass diese Betriebsschließung wegen CORONA nicht das Betriebsrisiko des Arbeitgebers sei. Sie untersuchten den Zweck der genannten Allgemeinverfügung und stellten fest:

Nach der Allgemeinverfügung richtete sich die von der Freien Hansestadt Bremen verfügte Betriebsschließung nicht speziell gegen die Beklagte und nicht gegen ein gerade in deren Betrieb angelegtes besonderes Gesundheitsrisiko.

Urteil vom 13. Oktober 2021 - 5 AZR 211/21

Was sagt das Bundesarbeitsgericht noch?

Sehr deutlich weist uns das BAG darauf hin, dass eine Betriebsschließung wegen CORONA den Arbeitgeber nicht immer von seiner Zahlungspflicht entbindet. Wenn er den Betrieb schließt, weil es pandemiebedingt an Materialien oder Kunden fehlt, realisiert sich das Wirtschaftsrisiko. Das muss er weiterhin uneingeschränkt tragen. Auch eine behördliche Anordnung, die darauf abzielt, einem im Betrieb des Arbeitgebers angelegten besonderen Risiko zu begegnen, lässt den Arbeitgeber nicht aus der Pflicht. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn die vom Arbeitgeber gewählten Produktionsmethoden oder -bedingungen oder von ihm zu verantwortende Arbeitsbedingungen eine besonders hohe Ansteckungsgefahr innerhalb der Belegschaft in sich bergen. Namentlich nennt das Gericht Teile der Fleischwirtschaft und Saisonkräfte in der Landwirtschaft. Vermutlich dürften auch behördliche Maßnahmen gegen die viel zitierten körpernahen Dienstleistungen das Betriebsrisiko realisieren. Es ist davon auszugehen, dass auch dort eine behördlich angeordnete Betriebsschließung wegen CORONA nicht zum Entfall der Entgeltzahlungspflicht führt.

Ihre Nachricht

Ihre Nachricht wurde gesendet. Vielen Dank!

Sie erreichen und auch telefonisch unter +49 721 / 943114-0.

Bitte beachten Sie folgendes: Durch die Zusendung einer E-Mail kommt noch kein Mandatsverhältnis zustande. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir ohne vorherige Vereinbarung keine Rechtsberatung per E-Mail erteilen können und keine fristgebundenen und Frist wahrenden Erklärungen entgegennehmen. Die Datenübertragung per Internet ist risikobehaftet. Dies sollten Sie insbesondere bei der Übersendung vertraulicher Informationen bedenken. Sollten wir eine E-Mail erhalten, gehen wir davon aus, dass wir zu deren Beantwortung per E-Mail berechtigt sind.