Arbeitsrecht | 18.03.2022

Kündigungsausschluss für 42 Monate in Facharztausbildung unwirksam

Immer wieder vereinbaren die Parteien des Arbeitsvertrags den Ausschluss der ordentlichen Kündigung für einen bestimmten Zeitraum. Meist geschieht dies auf Veranlassung des Arbeitgebers, der dem Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag vorformuliert zur Unterschrift vorlegt. Nicht immer ist dann jedoch eine lange Bindung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber wirksam. Der Kündigungsausschluss für 42 Monate ist in einem Weiterbildungsarbeitsverhältnis eines Facharztes unwirksam. Das ist jedenfalls die Meinung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg. Das Urteil hat grundsätzliche Bedeutung.

Ärztin soll Vertragsstrafe bezahlen und klagt

In Ulm ging eine junge Ärztin 2016 ein Arbeitsverhältnis zur Weiterbildung zur Fachärztin ein. Der Arbeitsvertrag sah einen Kündigungsausschluss für 42 Monate für beide Vertragsparteien vor. Im Falle einer vorzeitigen Kündigung sollte die Arbeitnehmerin eine Vertragsstrafe von drei Bruttogehältern an den Arbeitgeber bezahlen. Es kam wie es kommen musste: Die Lebensumstände der Arbeitnehmerin änderten sich und sie musste aus familiären Gründen umziehen und zum 28. Februar 2018 kündigen. Der Arbeitgeber bezahlte das Gehalt für Februar 2018 nicht und berief sich auf die Vertragsstrafenregelung im Arbeitsvertrag. Die Arbeitnehmerin nahm das nicht hin und klagte ihr Februar-Gehalt ein. Daraufhin überzog der Arbeitgeber sie mit einer Widerklage wegen der weiteren Vertragsstrafe.

Kündigungsausschluss für 42 Monate unwirksam, Arbeitnehmerin gewinnt

Zum Verhängnis wurde dem Arbeitgeber, dass er Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 BGB verwendet hatte. Solche Vertragsklauseln unterliegen nämlich einem besonderen Prüfungsmaßstab. Unter anderem hatten die Gerichte zu prüfen, ob der Kündigungsausschluss für 42 Monate die Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Bei dieser Prüfung ist der Arbeitgeber durchgefallen. Er hatte nämlich

missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne auch dessen Belange zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren.

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 2021 - 1 Sa 12/21

Besonderes Gewicht legten die Richter dabei auf den Umstand, dass die Arbeitnehmerin auch dann an den Arbeitgeber gebunden wurde, wenn sie unzufrieden mit der Ausbildung sein würde. Daneben sei zu berücksichtigen, dass Facharztausbildungen typischerweise in den ersten Berufsjahren absolviert würden. In diesen Zeiten jedoch seien Veränderungen in familiären Umständen und notwenige Wohnortwechsel ebenfalls typisch. An solchen sei die Arbeitnehmerin durch den Kündigungsausschluss für 42 Monate lang jedoch gehindert wolle sie keine Vertragsstrafe zahlen. Dass der Arbeitgeber argumentierte, er würde schließlich auch in die Ausbildung der Arbeitnehmerin investieren, genügte dem LAG nicht, um diese Nachteile aufzuwiegen.

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