Arbeitsrecht | 25.09.2018

Verzugspauschale im Arbeitsrecht – BAG entscheidet!

Bereits vor knapp vier Wochen wollte das Bundesarbeitsgericht über die Verzugspauschale im Arbeitsrecht (auch: Verzugskostenpauschale) entscheiden. Im letzten Moment beantragten die Parteien damals übereinstimmend die Aufhebung des Termins. Sie hatten sich (wohl) außergerichtlich geeinigt. Heute hatte der Achte Senat des BAG insgesamt drei Verfahren (8 AZR 26/18, 8 AZR 27/18 und 8 AZR 70/18 -) auf der Tagesordnung, die sich ebenfalls mit der Verzugspauschale im Arbeitsrecht befassten.

Worum geht es bei der Verzugspauschale im Arbeitsrecht?

Die Hintergründe zu dieser Streitfrage hatten wir Ihnen in unserem Blog vom 30. August 2018 ausführlich erläutert. Es geht darum, ob der Arbeitgeber, der beispielsweise den Lohn zu spät an den Arbeitnehmer bezahlt, diesem zusätzlich € 40,00 schuldet. Der Anspruch könnte sich aus § 288 Absatz 5 BGB ergeben:

Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro.

Der Verzugsüauschale im Arbeitsrecht könnte jedoch § 12a Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 ArbGG entgegenstehen:

In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis … .

Die Entscheidung des BAG

Die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte war uneinheitlich, jedoch wurden die Verzugspauschale im Arbeitsrecht mehrheitlich für anwendbar gehalten. Das Bundesarbeitsgericht schließt sich dieser Meinung mit Urteil vom heutigen Tage nicht an. Wir zitieren aus der Pressemitteilung Nummer 46/18:

Der Kläger ist langjährig bei der Beklagten beschäftigt. Er hat diese auf Zahlung rückständiger Besitzstandszulagen für die Monate Mai bis September 2016 in Anspruch genommen. Zudem hat er von der Beklagten wegen Verzugs mit der Zahlung der Besitzstandszulage für die Monate Juli bis September 2016 die Zahlung von drei Pauschalen à 40,00 Euro nach § 288 Absatz 5 BGB verlangt. Insoweit hat er die Ansicht vertreten, § 288 Absatz 5 BGB sei auch im Arbeitsrecht anwendbar. Die Beklagte hat demgegenüber im Wesentlichen eingewandt, § 288 Absatz 5 BGB sei im Arbeitsrecht gemäß § 12a ArbGG ausgeschlossen. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 288 Absatz 5 BGB nicht vor, da sie sich nicht schuldhaft in Verzug befunden habe.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten, mit der diese sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung der Pauschalen nach § 288 Absatz 5 BGB wendet, war vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolgreich. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten Pauschalen. Zwar findet § 288 Absatz 5 BGB grundsätzlich auch in Fällen Anwendung, in denen sich der Arbeitgeber mit der Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befindet. Allerdings schließt § 12a Absatz 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Absatz 5 BGB aus.

Update 17. Juli 2019

Sportlich sieht man die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in Chemnitz beim dortigen Landesarbeitsgericht Sachsen. Mit einem Urteil vom heutigen Tage haben sich die dortigen Richter einfach über das BAG hinweggesetzt. Sie sind augenscheinlich der Meinung, das Erfurt irrt und sprachen die Verzugspauschale einem Arbeitnehmer zu.

Update 22.10.2020

Das Urteil aus Chemnitz wurde inzwischen ebenfalls durch das Bundesarbeitsgericht geprüft. Das bleibt bei seiner ablehnenden Haltung zur Verzugspauschale im Arbeitsrecht. Es sieht sich inzwischen sogar durch eine Entscheidung des Gerichtshof der Europäischen Union gestärkt, wie hier nachzulesen ist.

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