Wohnungseigentumsrecht | 08.05.2013

Verwalterhaftung bei Beschlussverkündung trotz klarer Fehler!

Die Verwalterhaftung nach § 49 Abs. 2 WEG, gerichtet auf Prozesskostentragung kommt in Betracht, wenn der Verwalter Beschlüsse verkündet, die offensichtlich fehlerhaft, d. h. anfechtbar oder nichtig sind.

 

Dies hat das LG Dresden, Beschluss vom 04.09.2012, Az. 2 T 407/12 entschieden.

In dem zu entscheidenden Fall hatten die Wohnungseigentümer einen Beschluss gefasst, der offensichtlich nichtig war. Gleichwohl ließ die Verwalterin die Beschlussfassung zu und verkündete das Zustandekommen des erkennbar fehlerhaften Beschlusses. Ein Wohnungseigentümer begehrte prompt und erfolgreich gerichtliche Nichtigkeitsfeststellung.  In dem Urteil des Amtsgerichts wurden der Verwalterin die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 49 Abs. 2 WEG auferlegt. Die Verwalterhaftung, gerichtet auf Prozesskostentragung sei gerechtfertigt, denn es stelle ein grobes Verschulden dar, dass die Verwalterin das Zustandekommen des Beschlusses zugelassen und verkündet habe, obwohl dieser erkennbar fehlerhaft gewesen ist.

Zu Recht?

Ja – das LG Dresden bestätigt die Entscheidung des Amtsgerichts weitestgehend und weist die Beschwerde der Verwalterin zurück:

Der angegriffene Beschluss sei einerseits aufgrund unklarer Fassung, andererseits wegen fehlender Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft offensichtlich nichtig gewesen. Deshalb sei in der gleichwohl durch die Verwalterin zugelassenen Beschlussfassung und -verkündung eine Pflichtverletzung zu sehen, die auch grob schuldhaft i. S. d. § 49 Abs. 2 WEG erfolgt sei. Dies begründe die Verwalterhaftung bezüglich der Prozesskosten.

Für die Anwendung des § 49 Abs. 2 WEG genüge zwar nicht jede Pflichtverletzung des Verwalters; es müsse sich vielmehr um eine grob schuldhafte, mithin grob fahrlässige Pflichtverletzung handeln.

Grob fahrlässig sei ein Handeln, bei dem die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt werde, insbesondere ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt würden. Es müsse sich um einen auch subjektiv schlechthin unentschuldbaren Pflichtenverstoß handeln, wobei auch subjektive Umstände in der Sphäre des Verwalters, z. B. dessen Gewerbsmäßigkeit, Berücksichtigung finden könnten. Selbst ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertige für sich allein noch nicht den Schluss auf ein gesteigertes personales Verschulden. Bei der Beurteilung, ob grobe Fahrlässigkeit vorliege, sei zu beachten, dass insoweit nicht die gleichen Maßstäbe wie an einen Volljuristen angelegt werden könnten.

Das Zulassen eines erkennbar nichtigen Beschlusses könne einen Fall groben Verschuldens des Verwalters darstellen. Ferner könne die Verkündung eines ersichtlich nichtigen Beschlusses durch die Verwaltung grob fehlerhaft sein.

Die Voraussetzungen für eine Verwalterhaftung seien mithin in vorliegendem Fall gegeben.

Die Verwalterin habe die Beschlussfassung zugelassen und es grob schuldhaft unterlassen, Warnhinweise an die Wohnungseigentümer bezüglich des Zustandekommens der beanstandeten Beschlussfassung zu geben, obwohl sie in Anbetracht der eindeutigen Nichtigkeit hierzu verpflichtet gewesen ist. Dadurch habe sie auch das Tätigwerden des Gerichts mit veranlasst (LG Dresden aaO).

Fazit:

Die Vorschrift des § 49 Abs. 2 WEG ist um Zuge der WEG-Novelle eingeführt worden. Sie begründet die Verwalterhaftung bezüglich der Kosten eines Prozesses, an dem der Verwalter als Partei überhaupt nicht beteiligt ist, etwa bei Beschlussanfechtungen.

Dies ist „exotisch“, aber sachgerecht. Denn die grob schuldhafte Veranlassung eines Prozesses durch den WEG – Verwalter stellt eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung selbigen dar. Die gerichtliche Kostenfestsetzung nach § 49 Abs. 2 WEG dient insoweit einer schnellen und vereinfachten Durchsetzung dieses Anspruchs und macht einen Folgeprozess entbehrlich.

Gerade von gewerblichen Verwaltern wird viel verlangt:

Ihnen müssen die gesetzlichen Regelungen vertraut sein. Bei der Beurteilung von Sachverhalten und Rechtsfragen haben sie die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu kennen und zu beachten. Es bestehen darüber hinaus Hinweispflichten.

Ein Verwalter sollte sich in Anbetracht dessen also lieber nicht auf den Standpunkt stellen, die Beschlussfassung und deren Folgen seien allein Sache der Wohnungseigentümer, sondern sollte sich in Zweifelsfällen, insbesondere zur Vermeidung der Verwalterhaftung, sach- und fachkundig beraten lassen.

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