Arbeitsrecht | 08.04.2022

Mindestlohn im Praktikum vor Studienbeginn?

In seinem Urteil vom 19. Januar 2022 - 5 AZR 217/21 hat sich das Bundesarbeitsgericht mal wieder mit dem Mindestlohn beschäftigt. Auch nach dessen Einführung gibt es ungezählte Praktika, in denen der Mindestlohn von 9,82 € pro Stunde nicht bezahlt wird. In manchen Fällen geschieht das zu Recht, oft ist das aber illegal. Umstritten war es bisher, ob der Mindestlohn im Praktikum vor Studienbeginn bezahlt werden muss oder nicht.

Mindestlohn im Praktikum vor Studienbeginn, was sagt das Gesetz?

Der Gesetzgeber befand sich bei der Einführung einer Untergrenze für das Arbeitsentgelt in einem Zielkonflikt: Einerseits wollte er die gängige Praxis der Ausbeutung von Praktikanten als billigste Arbeitskräfte eindämmen. Andererseits wollte man die Arbeitgeber durch die Einführung des Mindestlohns nicht davon abhalten, auch weiterhin Praktikumsplätze anzubieten. Das Ergebnis dieses Dilemmas sind die vier Ausnahmeregelungen des § 22 MiLoG. Für Studierende und solche, die es werden wollen ist dabei § 22 Absatz 1 S. 2 Nummer 2 MiLoG von Interesse: Danach sind solche Praktika mindestlohnfrei, die auf Grund einer hochschulrechtlichen Bestimmung verpflichtend sind. Unklar war bisher, ob diese Ausnahme auch für den Mindestlohn im Praktikum vor Studienbeginn zählt.

Über was hatten die Gerichte zu entscheiden?

Geklagt hatte eine Frau, die beabsichtigte, ein Medizinstudium an der Universität Witten/Herdecke aufzunehmen. Nach § 3 Ziffer 2 der dortigen Studienordnung war Zugangsvoraussetzung zu diesem Studiengang unter anderem ein sechsmonatiger Krankenpflegedienst. Sie fand in Trier ein Krankenhaus, das ihr dieses Praktikum ermöglichte. Die angehende Studierende übernahm in der Folge einige Tätigkeiten, die die dort beschäftigten Mitarbeiter entlasteten. Den Mindestlohn zahlte das Krankenhaus aber ebenso wenig wie es der Praktikantin Urlaub gewährte.

Das Krankenhaus behielt in dieser Auseinandersetzung Recht. Wie auch schon die Vorinstanzen vertritt es die Meinung, dass die Klägerin ein Praktikum im Sinne von § 22 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 MiLoG geleistet habe. Aus diesem Grund habe das Krankenhaus ausnahmsweise keinen Mindestlohn zahlen müssen. Dabei kam es entscheidend darauf an, dass die Klägerin bei der Vereinbarung des Praktikums einen Nachweis der Universität über die Erforderlichkeit eines sechsmonatigen Pflichtpraktikums vorgelegt hatte. Damit habe man gerade ein Praktikum im Sinne der Ausnahmevorschrift vereinbart.

Hinzuweisen ist an dieser Stelle, dass es auch eine Ausnahme für den Mindestlohn im Praktikum vor Studienbeginn gibt, wenn es dem Praktikanten zur Orientierung dient. Gemeint ist damit das "Hineinschnuppern" in einen Beruf. Der Mindestlohn ist in diesen Fällen ebenfalls nicht zu bezahlen, wenn das Praktikum nicht länger als drei Monate dauert.

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