Arbeitsrecht | 11.03.2022

Unberechtigte Abmahnung muss aus der Personalakte entfernt werden

Dass Arbeitnehmer unter Umständen einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Rücknahme einer Abmahnung haben, hat sich rumgesprochen. Nur: Wann muss der Arbeitgeber wirklich eine unberechtigte Abmahnung aus der Personalakte entfernen?

Wie so viele Dinge im Arbeitsrecht ist die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gesetzlich ungeregelt. Dennoch sind sich alle einig: Hat der Arbeitgeber sie grundlos ausgesprochen oder falsch formuliert, muss er die unberechtigte Abmahnung entfernen und zurücknehmen.

Gründe für eine unberechtigte Abmahnung

Die Abmahnung hat im Arbeitsrecht größte Bedeutung. Der Arbeitgeber kann nicht jede singuläre Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten zum Anlass einer Kündigung nehmen. Fehlt eine Abmahnung, sind die Aussichten des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess zu obsiegen, deutlich besser.

Es gibt im Wesentlichen drei Gründe dafür, dass eine Abmahnung zu Unrecht ausgesprochen wurde:

Zum einen muss der Arbeitgeber eine unberechtigte Abmahnung entfernen, wenn sie falsche Tatsachenbehauptungen enthält. Das leuchtet ein: Wer immer pünktlich zur Arbeit erscheint, darf nicht wegen einer Verspätung abgemahnt werden. Gleiches gilt auch für unzutreffende rechtliche Bewertungen seitens des Arbeitgebers.

Zum anderen darf die Abmahnung auch nicht unverhältnismäßig sein. Dem Arbeitnehmer dürfen durch die Abmahnung keine unverhältnismäßigen Nachteile entstehen. Kommt der Arbeitnehmer einmal um eine Minute zu spät, ist eine Abmahnung unangemessen. Eine Ermahnung reicht dann völlig. Anders ist es wieder, wenn der Arbeitnehmer in zwei Wochen fünfmal um eine Minute zu spät kommt. Dann rechtfertigen die vielen kleinen Pflichtverstöße durchaus eine Abmahnung. Weil diese Fälle einen großen Anteil an subjektiver Einschätzung beinhalten, sind sie selten bei Gericht anzutreffen. Der Ausgang eines solchen Verfahrens ist nämlich oft recht ungewiss.

Auch die unbestimmte Abmahnung erfolgt zu Unrecht!

Häufig formulieren Arbeitgeber eine Abmahnung aber auch nicht genau genug. Hier ein Beispiel, das uns in der vergangenen Woche begegnete: Unser Mandant ist Leiter einer Kantine in einem Unternehmen in Heidelberg und hat dabei allerlei Verantwortlichkeiten, insbesondere jene für die Tageskasse. Nun erhielt er ein Schreiben seiner Arbeitgeberin mit folgendem Inhalt:

Sehr geehrter Herr H.,

im Januar 2022 waren mehrere Tagesabschlüsse fehlerhaft. Deshalb konnte bis heute der monatliche Kassenabschluss für den Januar nicht gebucht werden. Wir erteilen Ihnen aus diesem Grunde eine arbeitsrechtliche Abmahnung.

Mit freundlichen Grüßen

Unser Mandant wusste mit diesem Schreiben nicht viel anzufangen und suchte unseren Rat. Vollkommen zu Recht, denn es handelt sich ohne jeden Zweifel um eine unberechtigte Abmahnung. Sie ist viel zu unbestimmt. Damit wird sie ihrer Rüge- und Warnfunktion nicht gerecht oder mit den Worten des Bundesarbeitsgerichts:

Als Gläubiger der Arbeitsleistung weist er [der Arbeitgeber] den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rügefunktion). Zugleich fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, wenn ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion)

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. November 2008 - 2AZR 675/07

Lohnt es sich gegen eine Abmahnung vorzugehen?

Gegen eine Abmahnung vorzugehen, kostet Geld, wenn der Arbeitnehmer einen Rechtsanwalt beauftragt. Wir meinen, dass das eine gute Investition ist. Abmahnungen bereiten in aller Regel Kündigungen vor. Und da kann es nur von Vorteil sein, sich frühzeitig professionell unterstützen zu lassen. So manches Verfahren um eine unberechtigte Abmahnung endet schließlich auch mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Denn wenn es einmal zu einer Abmahnung gekommen ist, hat oft auch der Arbeitnehmer keine Lust mehr auf diesen Arbeitgeber.

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