Mietrecht | 17.06.2015

Instandsetzung der Wohnung: Kündigung bei Duldungsverweigerung!

Verweigert der Mieter die Instandsetzung der Wohnung durch den Vermieter, so kommt eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht erst dann in Betrachtwenn der Mieter gegen eine bereits gerichtlich titulierte Duldungsverpflichtung verstößt. Dem Vermieter kann   vielmehr wegen der Verweigerung der Instandsetzung der Wohnung  durch den Mieter schon vorher die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar sein, was allerdings von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängig ist.

Dies hat der Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.04.2015, Az. VIII ZR 281/13entschieden.

Der Fall:

In dem zu entscheidenden Fall stellte die klagende Vermieterin einen ausgedehnten Befall mit Hausschwamm im Dachstuhl des Hauses und an den Deckenbalken der von den beklagten Mietern bewohnten Wohnung fest, weshalb die Instandsetzung der Wohnung insoweit erforderlich war.

Die Vermieterin kündigte die Instandsetzung der Wohnung ordnungsgemäß an, die Mieter machten ihre diesbezügliche Duldung allerdings von der Erfüllung verschiedener Bedingungen abhängig und gewährten (zunächst) keinen Zutritt zum Zwecke der Instandsetzung der Wohnung.

Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. 

Die hierauf gestützte Räumungsklage wurde in zwei Instanzen abgewiesen.

Zu Recht?

Nein – der BGH hebt das Berufungsurteil auf und verweist den Rechtsstreit zurück.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die auf die verweigerte Duldung der Instandsetzung der Wohnung gestützten Kündigungen seien sowohl als fristlose als auch als ordentliche Kündigung unwirksam, weil ein schuldhafter Verstoß gegen mietvertragliche Pflichten aufgrund von plausiblen Einwendungen der Beklagten nicht vorliege und die Klägerin vorrangig auf eine Duldungsklage zu verweisen sei, sei von Rechtsfehlern beeinflusst.

1.

Die vom Berufungsgericht geteilte und vereinzelt in der Instanzrechtsprechung und in der mietrechtlichen Literatur vertretene Auffassung, die eine Kündigung wegen der Verletzung nicht titulierter Duldungspflichten generell ausschließen wolle, finde im Gesetz keine Stütze.

Weder könnten derartige Vertragsverletzungen generell als „nicht so gewichtig“ angesehen werden, noch stelle § 554 BGB aF eine abschließende Regelung für den Interessenausgleich zwischen Mieter und Vermieter im Konflikt über die Instandsetzung der Wohnung und deren Modernisierung dar.

Der Gesetzgeber habe vielmehr die Kündigung des Vermieters, unabhängig davon, auf welcher Pflichtverletzung des Mieters sie beruhe, allgemein in den §§ 543, 573 BGB geregelt, ohne spezielle Regelungen für die Fälle der Verletzung von Duldungspflichten zu treffen.

Die Auffassung des Berufungsgerichts mithin, ein Verstoß gegen – nicht rechtskräftig titulierte – Duldungspflichten sei – solange der Mieter keine „querulatorische Einwendungen“ erhebe – nicht so gravierend, dass er die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen könne, verkenne in grundlegender Weise, dass Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen für die Erhaltung des Mietobjekts und seines wirtschaftlichen Wertes von wesentlicher Bedeutung sein könnten, so dass der Vermieter an deren alsbaldiger Durchführung ein erhebliches wirtschaftliches Interesse haben könne.

Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung biete dem Mieter geradezu einen Anreiz dazu, sich den aus seiner Sicht möglicherweise nicht gewünschten, nach der Rechtslage aber gerechtfertigten und von ihm deshalb zu duldenden baulichen Maßnahmen zumindest zeitweise zu widersetzen.

Dies widerspreche dem Anliegen des Gesetzgebers, der dem Mieter bei Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen nicht nur im Hinblick auf wirtschaftliche Interessen des Vermieters, sondern auch mit Blick auf das wohnungspolitische Ziel der Verbesserung der allgemeinen Wohnbedingungen umfangreiche Duldungspflichten auferlegt habe.

2.

Anders als das Berufungsgericht meine, könne mithin eine fristlose Kündigung nicht erst dann auf eine Verletzung von Duldungspflichten des Mieters gestützt werden, wenn der Mieter einen rechtskräftigen Duldungstitel missachte oder sein Verhalten „querulatorische Neigungen“ zeige.

Dem Vermieter könne die Fortsetzung des Mietverhältnisses vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen auch schon vor Erhebung einer Duldungsklage und Erwirkung eines Titels unzumutbar sein, wenn der Mieter seine Pflicht gemäß § 554 BGB aF – jetzt §§ 555a bis 555d BGB – verletze, die Instandsetzung der Wohnung oder deren Modernisierung zu dulden.

Auch eine die ordentliche Kündigung rechtfertigende erhebliche Vertragsverletzung setze bei einem Verstoß gegen Duldungspflichten nicht generell voraus, dass sich der Vermieter zuvor einen rechtskräftigen Duldungstitel verschafft habe.

Fazit:

Erneut findet der VIII. Zivilsenat recht deutliche Worte, um einer seit Jahren in der Instanzrechtsprechung und namhafter mietrechtlicher Literatur vertretenen, grundlos – vor allem rechtsgrundlos – mieterfreundlichen Rechtsauffassung eine klare Absage zu erteilen.

Ob die Verweigerung der Duldung der Instandsetzung der Wohnung eine Kündigung rechtfertigt, ist – wie immer – im jeweiligen Einzelfall unter Abwägung der gegenseitigen Interessen zu prüfen.

Zu fragen ist u. a. danach, um welche Arbeiten es im Einzelnen geht, wie umfangreich und dringend sie sind, welche Beeinträchtigungen sich hieraus für den Mieter ergeben und welche Bedeutung die alsbaldige Durchführung der Arbeiten aus wirtschaftlicher Sicht für den Vermieter hat und welche Schäden und Unannehmlichkeiten dem Vermieter dadurch entstehen, dass der Mieter die Instandsetzung der Wohnung nicht duldet.

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