Mietrecht | 17.06.2019

Mietpreisbremse – Staatshaftung wegen fehlerhafter Umsetzung?

Fehler des Landesgesetzgebers bei der Umsetzung der Mietpreisbremse in Form der Mietpreisbegrenzungsverordnung begründen keine Schadensersatzansprüche von Mietern.

Dies hat der LG Frankfurt / Main, Urteil vom 25.03.2019 – 2-04 O 307/18 entschieden.

DER FALL:

Der Kläger – Mieter einer Wohnung, die im Bereich der hessischen Mietpreisbegrenzungsverordnung liegt – zahlte an seinen Vermieter eine Miete, die deutlich über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag.

Auf die Regelungen der sog. Mietpreisbremse, insbesondere § 556 g Abs. 2 BGB i.V.m. 556 d Abs. 1 und 2 BGB i. V. m. der hessischen Mietpreisbegrenzungsverordnung, hatte sich der Mieter zwar gegenüber seinem Vermieter berufen und teilweise Rückzahlung der Mieten von ihm verlangt.

Dies aber ohne Erfolg, weil der hessische Landesgesetzgeber die hessische Mietpreisbremse fehlerhaft umgesetzt, namentlich die hessische Mietpreisbegrenzungsverordnung nicht begründet hatte i. S. v. § 556 d Abs. 2 BGB.

Vom Land Hessen verlangte der Mieter nun im Wege des Schadensersatzes die Teile der von ihm an den Vermieter gezahlten Mieten, die zwar über der ortsüblichen Vergleichsmieten lagen, wegen Unwirksamkeit der hessischen Mietpreisbegrenzungsverordnung von diesem aber nicht zurückverlangt werden konnten.

Zu Recht?

DIE ENTSCHEIDUNG:

Nein – das LG Frankfurt weist die Klage ab.

Ein Anspruch aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG – sog. Amtshaftungsanspruch – wegen fehlerhafter Umsetzung der Mietpreisbremse sei jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil ein etwaiger Pflichtverstoß bei der Begründung der Mietpreisbegrenzungsverordnung keine Ansprüche zugunsten der Mieter begründe.

1.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs würden Amtshaftungsansprüche wegen rechtswidriger Akte der Parlamentsgesetzgebung regelmäßig daran scheitern, dass die beteiligten Mitglieder des jeweiligen Gesetzgebungsorgans  – also des Bundestages oder eines Landesparlaments – ausschließlich Aufgaben der Allgemeinheit wahrnehmen, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise, also die sog. Drittgerichtetheit, mangele.

2.

Auch durch den Erlass von untergesetzlichen Rechtsnormen  (Rechtsverordnungen oder Satzungen), die gegen höherrangiges Recht verstoßen, könnten in der Regel keine Amtshaftungsansprüche begründet werden.

Denn auch der Verordnungs- oder Satzungsgeber nehme grundsätzlich nur Amtspflichten gegenüber der Allgemeinheit wahr.

PRAXISHINWEIS:

1.

Das LG Frankfurt / Main bestätigt die Rechtsauffassung des LG München I, Urteil vom 21.11.2018 – 15 O 19893/17 zu Ansprüchen bei der fehlerhafter Umsetzung der Mietpreisbremse durch den Landesgesetzgeber.

Die hessische Mietpreisbremse bzw. Mietpreisbegrenzungsverordnung ist nach Auffassung des LG Frankfurt / Main, Urteil vom 27.03.2018 – 2-11 S 183/17 deshalb unwirksam, weil sie durch den Landesgesetzgeber nicht begründet wurde, was  § 556 d Abs. 2 BGB aber ausdrücklich verlangt.

2.

Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD vereinbarte bereits im Koalitionsvertrag von 2013, Instrumentarien dafür zu finden, dass Mieten bezahlbar bleiben. 

a.

Der Gesetzgeber der 18. Legislaturperiode war der Auffassung, dass die verfügbaren rechtlichen Mittel – § 134 BGB i. V. m. § 291 StGB sowie § 138 BGB und § 5 WiStrG – zur Regulierung der Wiedervermietungsmiete nicht ausreichen, um den Problemen auf angespannten Wohnungsmärkten wirksam zu begegnen.

b.

Am 01.06.2015 trat deshalb das Gesetz zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung in Kraft – sog. Mietrechtsnovellierungsgesetz.

Infolgedessen wurde in das BGB unter Unterkapitel 1a „Vereinbarungen über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten“ in das Kapitel 2 „Die Miete“ des Untertitels 2 „Mietverhältnisse über Wohnraum“ die sog. Mietpreisbremse eingefügt – und zwar entgegen aller Widerstände verschiedenster Sachverständiger und verfassungsrechtlicher Bedenken.

c.

Die Umsetzung der Mietpreisbremse ist Sache des Landesgesetzgebers – § 556 d Abs. 2 BGB.

Insbesondere muss die Landesverordnung, die die Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt bestimmt, begründet werden – § 556 d Abs. 2 S. 5 und 6 BGB.

Dies hat nicht nur der hessische Landesgesetzgeber verabsäumt, sondern auch jener in Hamburg, Berlin, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. 

Auch die dortigen Mietpreisbegrenzungsverordnungen i. S. v. § 556 Abs. 2 S. 1 BGB sind unwirksam.

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Ralf Schulze Steinen, Fachanwalt für Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht.


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