Mietrecht | 13.12.2021

Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG vs. Kündigungsausschluss: Wer gewinnt?

SONDERKÜNDIGUNGSRECHT NACH § 57 A ZVG – WAS GILT BEI EINEM IM MIETVERTRAG VEREINBARTEN KÜNDIGUNGSAUSSCHLUSS?

Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG: Kann sich der Mieter mit Erfolg auf einen Kündigungsausschluss (Eigenbedarf) berufen?

Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG vs. Kündigungsausschluss - Der Fall

Mit einem in der (Beratungs-) Praxis häufig auftretenden Fall hatte sich jüngst der Bundesgerichtshof zu beschäftigen:

Ein Ehepaar erwarb im Wege der Zwangsversteigerung eine vermietete Eigentumswohnung. Zu Gunsten ihres volljährigen Sohnes machten sie von ihrem Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG Gebrauch:

§ 57 a ZVG

Der Ersteher ist berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn sie nicht für den ersten Termin erfolgt, für den sie zulässig ist.

Die Kündigung des Wohnraummietvertrags war auch nötig. Denn gemäß §§ 57 ZVG, 566 BGB waren die ersteigernden Eheleute in diesen als neue Vermieter "eingetreten".

§ 566 BGB - Kauf bricht nicht Miete

(1) Wird der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.

Zur Begründung der Kündigung beriefen sich die Eheleute auf Eigenbedarf gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Problem:

Im Wohnraummietvertrag war vereinbart:

"Eine Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter ist ausgeschlossen."

Die Frage war nun:

Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG vs. Kündigungsausschluss: Wer gewinnt?

Die Entscheidung - BGH, Urteil 15.09.2021 - VIII ZR 76/20

Auf den ersten Blick scheint die Antwort klar zu sein:

Wenn die Ersteigerer in den Wohnraummietvertrag gemäß § 57 ZVG, 566 BGB eingetreten sind, mögen sie zwar mit verkürzter Kündigungsfrist (3 Monate) kündigen können.

Im Übrigen gelten aber die Vorschriften des Wohnraummietrechts und was im Mietvertrag vereinbart ist, d.h.:

Zum einen bedarf es für die Kündigung eines Kündigungsgrunds i. S. d. §§ 573, 543 BGB (hier: Eigenbedarf). Zum anderen gelten die Vereinbarungen im Wohnraummietvertrag fort (hier: Ausschluss der Eigenbedarfskündigung).

Also Pech gehabt liebe Ersteigerer / neue Vermieter!?

Weit gefehlt!

Hierzu der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs u.a. wie folgt:

(1) Der Ersteher tritt zwar nach § 57, § 566BGB in das Mietverhältnis ein. Dieser Eintritt wird jedoch dergestalt modifiziert, dass er "nach Maßgabe" (unter anderem) des § 57 a ZVG erfolgt. Während der nach § 566 BGB infolge einer Veräußerung in das Mietverhältnis eintretende Erwerber kündigungseinschränkende Vereinbarungen zwischen dem Mieter und dem vormaligen Eigentümer grundsätzlich gegen sich gelten lassen muss (vgl. Senatsurteile vom 4. April 2007 - VIII ZR 223/06, NJW 2007, 1742 Rn. 12 ff.; vom 16. Oktober 2013 - VIII ZR 57/13, NJW-RR 2014, 78 Rn. 13), gilt dies somit für den Ersteher, dessen Eintritt in das Mietverhältnis mit der Zubilligung eines gesetzlichen Sonderkündigungsrechts einhergeht, nicht.

Rumms - Das Wohnraummietverhältnis konnte also trotz Ausschluss der Eigenbedarfskündigung im Wohnraummietvertrag wegen Eigenbedarfs gekündigt werden.

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