Verkehrsrecht | 14.12.2020

Gefährdungshaftung im Straßenverkehr – was bedeutet das?

Von der Gefährdungshaftung im Straßenverkehr hört man immer wieder.

 

Aber was genau bedeutet sie? Ist sie gesetzlich geregelt? Wann greift sie? Gibt es Ausnahmen?

 

Antworten auf diese Fragen erhalten Sie im Anschluss, erläutert anhand einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs. 

Gefährdungshaftung im Straßenverkehr - Was ist das?

Die Gefährdungshaftung im Straßenverkehr ist geregelt in § 7 Abs. 1 StVG, der lautet wie folgt:

§ 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

Die Vorschrift statuiert im Verkehrsrecht eine verschuldensunabhängige Haftung des Halters, wenn beim Betrieb seines Kraftfahrzeugs ein Schaden entsteht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Gefährdungshaftung nach § 7 StVG der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird.

Das Tatbestandsmerkmal "bei dem Betrieb" ist, entsprechend dem Schutzzweck der Gefährdungshaftung im Straßenverkehr, weit auszulegen.

Es ist erfüllt, wenn sich die von einem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben. Bei der insoweit gebotenen, wertenden Betrachtung muss das Schadensereignis durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden sein.

Es kommt darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebsvorrichtung steht.

Hierzu ein Beispiel:

BGH, Urteil vom 11.02.2020 - VI ZR 286/19.

Der Halter eines Anhängers hatte diesen auf einem Parkplatz abgestellt.

Das Orkantief "Friederike" schob bzw. rollte den Anhänger auf einen ebenfalls dort abgeparkten Pkw, der hierdurch beschädigt wurde.

Der BGH bejahte eine Haftung nach § 7 StVG i. V. m. § 19 StVG.

Denn es habe sich eine aus der Konstruktion des Anhängers resultierende Gefahr verwirklicht, kurzum eine unkontrollierte Bewegung durch Windeinfluss.

Gibt es Ausnahmen?

Ausnahmen von der Gefährdungshaftung im Straßenverkehr gibt es - jedenfalls theoretisch:

Es sind u.a. die höhere Gewalt i. S. v. § 7 Abs. 2 StVG und die sog. Unabwendbarkeit i. S. v. § 17 Abs. 3 StVG.

Höhere Gewalt meint, dass der Schaden auf einem von außen eindringenden Ereignis beruht, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung schlicht unvorhersehbar war, und mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden konnte.

Unabwendbarkeit liegt vor, wenn der Schaden bzw. Unfall auch bei äußerst möglicher Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte, wobei Maßstab der sog. "Idealfahrer" ist.

U. a. durch Unterlegkeile i. S. v. § 41 Abs. 14 StVZO hätte hier ein windbedingtes Rollen leicht verhindert werden können.

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