Verkehrsrecht | 15.06.2018

Rückwärtsfahren in der Einbahnstraße keine gute Idee!

1. Auch das Rückwärtsfahren in einer Einbahnstraße unterfällt § 9 Abs. 5 StVO.

2. Ein vom Straßenrand  einer Einbahnstraße anfahrender Verkehrsteilnehmer muss nicht damit rechnen, dass die Einbahnstraße in falscher Richtung genutzt wird.

 

Dies hat das OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.10.2017, 1 U 133/16, entschieden

DER FALL:

Die Beklagte befuhr eine Einbahnstraße,  zunächst in richtiger Richtung. Um eine Parkbucht zu nutzen, setzte sie zum Rückwärtsfahren entgegen der zulässigen Fahrtrichtung an.

Der Kläger hatte zunächst am Straßenrand gehalten und fuhr von dort auf die Einbahnstraße an.

Die Beklagte kollidierte beim Zurückstoßen mit dem Kläger, der Schadensersatz verlangte.

Das Landgericht quotelte die Haftung wie folgt:

60 % Beklagte wegen Rückwärtsfahren, 40 % Kläger wegen Anfahren vom Straßenrand.

Zu Recht?

DIE ENTSCHEIDUNG:

Nein – das OLG Düsseldorf bejaht eine 100 % – tige Haftung der Beklagten

Die Beklagte habe sich gleich in zweifacher Hinsicht verkehrsrechtswidrig verhalten: 

1.

Ein schuldhafter Verstoß sei im Rückwärtsfahren gegen das Gebot, eine Einbahnstraße nur in die vorgeschriebene Fahrtrichtung zu befahren zu sehen. 

Das Gebot ergebe sich hier aus Vorschriftszeichen 220, Anlage 2 zur StVO i.V.m. §§ 41 Abs. 1, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO. 

2.

Ein weiterer schuldhafter Verstoß sei in der Missachtung der sich aus § 9 Abs. 5 StVO ergebenden, hohen Sorgfaltspflichten beim Rückwärtsfahren zu sehen. 

Zwar sei der Kläger vom Straßenrand  der Einbahnstraße angefahren, was grundsätzlich § 10 StVO unterfalle. 

Derjenige aber, der verbotswidrig eine Straße entgegen der einzig zugelassenen Fahrtrichtung zum Rückwärtsfahren benutze, könne sich nicht auf die Schutzwirkung des § 10 StVO berufen. 

Außerdem müsse derjenige, der vom Straßenrand einer Einbahnstraße anfahre, nicht damit rechnen, dass diese entgegen der zulässigen Fahrtrichtung genutzt wird. 

PRAXISHINWEIS:

Die Entscheidung überzeugt. 

Rückwärtsfahren in einer Einbahnstraße ist grundsätzlich verboten. Wer z.B. zum Einparken kurz zurückstößt / rückwärtsfährt, hat § 9 Abs. 5 StVO zu beachten, der wie folgt lautet: 

Wer ein Fahrzeug führt, muss sich beim Abbiegen in ein Grundstück, beim Wenden und beim Rückwärtsfahren darüber hinaus so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. 

Wer das nicht beachtet, kann sich nicht auf den zu Lasten eines Anfahrenden geltenden Anscheinsbeweis berufen, für den grundsätzlich § 10 S. 1 StVO gilt, der wie folgt lautet: 

Wer aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone (Zeichen 242.1 und 242.2), aus einem verkehrsberuhigten Bereich (Zeichen 325.1 und 325.2) auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen.

Noch Fragen? Die Antworten erhalten Sie von unserem Partner Ralf Schulze Steinen, Fachanwalt für Verkehrsrecht.

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