Verkehrsrecht | 15.03.2018

Überschreitung der Richtgeschwindigkeit: Erhöhte Betriebsgefahr?

1. Die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit führt nicht zwangsläufig zu einer erhöhten Betriebsgefahr und einer Mithaftung.

2. Dies gilt insbesondere bei einem groben Verkehrsverstoß des Unfallgegners – hier Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO.

 

Dies hat das OLG Hamm, Urteil vom 08.02.2018, Az. 7 U 39/17, entschieden.

Der Fall:

In dem zu entscheidenden Fall wechselte der Beklagte auf einer Autobahn von einer Spur auf eine andere.

Auf dieser fuhr der Kläger mit ca. 150 km/h von hinten heran. Beim Spurwechsel des Beklagten kam es zur Kollision.

Das Landgericht nahm eine 100 % – tige Haftung des Beklagten an. Eine erhöhte Betriebsgefahr und Mithaftung des Klägers lehnte es ab.

Mit seiner Berufung wollte der Beklagte eine Mithaftung des Klägers festgestellt wissen.

Begründung:

Die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit rechtfertige dies.

Zu Recht?

Nein – das OLG Hamm weist die Berufung zurück.

Die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit begründe in diesem Fall keine erhöhte Betriebsgefahr und keine Mithaftung des Klägers.

Dies ergebe die gebotene Haftungsabwägung:

1.

Den Beklagten treffe ein erhebliches Verschulden.

Unachtsam und ohne auf den rückwärtigen Verkehr zu achten, habe der Beklagte die Spur gewechselt. Dies habe zum Verkehrsunfall geführt.

2.

Dem Kläger hingegen sei eine Mitverursachung nicht nachzuweisen.

Er habe mit einem plötzlichen Spurwechsel nicht rechnen müssen. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung habe es nicht gegeben. Die maßvolle Überschreitung der Richtgeschwindigkeit sei mit den Witterungs- und Straßenverhältnisse vereinbar gewesen.

3.

Zwar sei grundsätzlich eine Betriebsgefahr zu Lasten des Klägers anzunehmen. Diese falle aber wegen des groben Verkehrsverstoßes des Beklagten nicht ins Gewicht.

Hinzu komme, dass die typischerweise mit der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit verbundene Gefahr nicht eingetreten sei. Diese bestehe darin, dass für einen vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer die Annäherungsgeschwindigkeit des rückwärtigen Verkehrs  nicht einschätzbar sei.

Fazit:

In der Entscheidung geht es um § 7 Abs. 5 StVO, der im Verkehrsrecht eine große Rolle spielt und lautet wie folgt:

(5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Den Spurwechsler treffen höchste Sorgfaltspflichten. Wer hiergegen verstößt, haftet in der Regel voll.

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