Mietrecht | 24.10.2014

Wegfall des Eigenbedarfs: Bis wann ist er dem Mieter mitzuteilen?

Der Wegfall des Eigenbedarfs ist dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bzw. bis zum Ende des Mietverhältnisses, durch den Vermieter mitzuteilen, anderenfalls sich letzterer schadensersatzpflichtig macht.

 

Dies hat das Amtsgericht Gießen mit Urteil vom 16.06.2014, Az. 48 C 231/13 entschieden.

Wegfall des Eigenbedarfs - In dem zu entscheidenden Fall erklärte die Vermieterin gegenüber der Mieterin eine Kündigung wegen Eigenbedarfs mit Wirkung zum 30.09.2009.

In einem vor dem LG Gießen geführten Räumungsrechtsstreit  schlossen die Parteien einen Vergleich, nach dem die Mieterin im Hinblick auf den geltend gemachten Eigenbedarf das betreffende Anwesen zum 30.04.2011 zu räumen und an die Vermieterin herauszugegeben hatte, was die Mieterin auch tat.

Kurz danach ließ die Vermieterin ein Schild am Anwesen anbringen, wonach dieses verkauft werden solle.

Grund hierfür war der Wegfall des Eigenbedarfs bereits vor dem 30.04.2011, von dem die Vermieterin zwar seit längerem wusste, diesen der Mieterin aber nicht mitgeteilt hatte.

Die Mieterin erhob Klage auf Schadensersatz mit der Begründung, die Vermieterin hätte ihr den Wegfall des Eigenbedarfs anzeigen müssen

Zu Recht?

Ja – das Amtsgericht Gießen gibt der Klage statt.

1.

Es könne dahinstehen, ob die Vermieterin jemals die Absicht hatte, in die gekündigten Räume einzuziehen, weil sie jedenfalls dazu verpflichtet gewesen sei, der Mieterin den Wegfall des Eigenbedarfs mitzuteilen.

Ein Vermieter verstoße gegen Treu und Glauben und sei zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er eine Wohnung wegen Eigenbedarfs kündige und dann den Wegfall des Eigenbedarfs nicht mitteile.

2.

Zwar sei das Mietverhältnis durch die Kündigung schon zum 30.09.2009 gekündigt worden und der Bundesgerichtshof (BGH) habe entschieden, dass der Wegfall des Eigenbedarfs nur mitgeteilt werden müsse, wenn der Grund vor dem Ablauf der Kündigungsfrist entfalle.

Im vorliegenden Fall habe aber eine Mitteilungspflicht über den 30.09.2009 hinaus bestanden.

Denn der BGH habe entschieden, dass mit dem Ende des Mietverhältnisses  das Besitzrecht des Mieters entfalle.

Der Mieter, der dann nicht ausziehe, verhalte sich rechtswidrig und nicht mehr vertragstreu, weshalb er auch nicht mehr schutzwürdig sei.

Hier hätten aber die Parteien in dem Vergleich vereinbart, dass das Mietverhältnis (erst) am 30.04.2011 bzw. bei vorheriger Ankündigung mit der Räumung enden solle. Demnach bestand das Mietverhältnis auch nach dem 30.9.2009 weiter.

Dazu komme , dass der Vergleich schon am 20.07.2010 geschlossen worden sei, d. h. die Klägerin habe sich auch nicht rechtswidrig verhalten, weil sie nicht am 01.10.2010 ausgezogen sei.

Fazit:

Die Entscheidung ist richtig und orientiert sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

1.

Durch den Räumungsvergleich hatten Vermieterin und Mieterin das Mietverhältnis über den 30.09.2009 hinaus verlängert und damit einhergehend auch die Mitteilungspflicht des Vermieters betr. den Wegfall des Eigenbedarfs.

2.

Die Eigenbedarfskündigung wird in der Praxis gerne erklärt, um sich eines unliebsamen Mieters zu „entledigen“.

Oft erfolgt diese unmittelbar nach der Geltendmachung mietrechtlicher Gewährleistungsansprüche durch den Mieter oder dessen Ablehnung einer einvernehmlichen Mieterhöhung.

In diesen Fälle ist dem behaupteten Eigenbedarf besonders sorgfältig auf den Grund zu gehen…

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